Friday, October 30, 2009

Die Wende II

Am Tauchplatz angekommen läuft alles ganz ruhig ab. Ich erhalte mein Bootsbriefing bezüglich der Notfallsauerstoffaufbewahrung, Funk und Telefonhandling an Bord für alle Fälle. Dann wende ich mich Jeanine zu, die an Land ihr Equipmentbriefing und die letztendliche Handhabung an Bord beim Auslaufen erhalten hat, und erkläre ihr den Ablauf den Einstiegs vom Boot. Wir haben Wellengang. Für einen Anfänger stellt diese Tatsache in den meisten Fällen ein Stressfaktor dar, zumal das Riff unter uns die üblichen 30 und mehr Meter abfällt. Doch Jeanine macht keinerlei Unsicherheitsanstalten, fragt, wenn ihr etwas unklar ist und folgt ganz einfach meiner Anleitung. Das Wetter und die schöne Umgebung lassen auch keine negativen Gedanken aufkommen.

Zuerst hänge ich ihr Jacket inkl. Automat und Flasche ins Wasser an die Einstiegsleiter, wo es bereitwillig auf seine Nutzerin schwimmend wartet. Ihre Flossen legen am Bootsrand, die Maske trägt sich bereits auf dem Hals auf dem Shorty, den sie sich schon angezogen hat. Danach schlüpfe ich in mein Jacket – den Anzug hatte ich schon hochgezogen und geschlossen sowie Computer und Uhr an den Handgelenken platziert. Unter der Last des Gerätes auf meinem Rücken gehe ich leicht gebückt zum Ausstieg, setze mich auf die Kante, ziehe mir die Flossen an die Füße und setze die Maske aufs Gesicht. Atemregler in den Mund gesteckt und fertig! Rechte Hand auf die Maske und den Regler und ich lasse mich locker nach hinten ins Wasser fallen. Ploasch!! Leichte Erfrischung durch an Armen, Beinen und Hals ins Neopren dringende Meerwasser von 29° umgibt meinen Körper. In sprudelndem und wiegendem Wasser drehe ich mich an die Oberfläche, gebe ausreichend Luft in mein Jacket und paddle zum Bootsausstieg, wo sich Jeanines Jacket hängend auf und ab bewegt. Sie gibt mir ihre Flossen in die Hände und klettert die Leiter ins Wasser. Ich halte ihr Jacket bis sie schwimmend auf mich zukommt und nach meinem Rat erstmals in ihr eigenes Jacket klettert. Well done! Hat gut funktioniert. Die eigentliche Herausforderung ist nun, bei stark ablandigem Wind gegen die Wellen anzustrampeln, damit ich mit ihr erst einmal in für sie Vertrauen erweckende Wasserregionen komme, um sie dort Schritt für Schritt unter Wasser zu bekommen. Nach guten 10 Minuten sind wir in Strandnähe über ca. 4-6m Wassertiefe, dass uns türkis leuchtend umgibt. Auf dem Weg hierher habe ich sie schon einmal durch schnorcheln und Atemregleratmung an der Oberfläche mit dem Kopf im Wasser an das Gefühl von Unterwasseratmung gewöhnt. Wir steigen langsam ab, wobei ich sie festhalte und sie genau beobachte. Denn nur ein geringes Angstgefühl kann sie schon an die Oberfläche zurückschießen und sich das Erlebnis verderben lassen. Daher, wie meine liebe Masterinstructorin Petra (meine Mentorin und Tauchlehrerin aus Berlin – soviel sei an dieser Stelle erwähnt) immer wieder, basierend auf ihren Erfahrungen, auf die Details hingewiesen hat und auf die Wichtigkeit, ganz nah am Tauchschüler zu sein, um ihm Ängste und Unsicherheiten zu nehmen bzw. erst gar keine aufkommen zu lassen. „Petra, ich erinnere mich genau an Deine Worte! DANKE für immer!“

Jeanine geht leicht unsicher nach unten, während ich direkt vor ihr Blickkontakt halte und in den Augenwinkeln schaue, wohin wir sinken. Unten angekommen sehen wir sogar gleich Edwin und Woutan und werden erst einmal fotografisch festgehalten! Sehr schön! Ich freue mich schon auf die Bilder J. Langsam tauchen wir Mädels los – über den sandigen Korallen bewachsenen Untergrund, der schillernde Bilder aus Sonnenlicht und Schatten im tanzenden Tempo der Riffwellen zurückwirft. Leichte Tarierungsunebenheiten zu Anfang und wir gleiten durch das glitzernde Blau und schwimmen durch Fischschwärme, wiegende Weichkorallengärten und großartige wie Fantasie entsprungene Unterwasserlandschaften. Anfangs nehme ich Jeanine an die Hand, um ihr noch mehr Sicherheitsgefühl zu geben. Schon nach wenigen Minuten – ich sehe, wie sie sich mit großen Augen in alle Richtungen umschaut – lässt sie los und schwimmt selbstbewusst durch das Wasser. Dann schaut sie mich an und gibt mir das Doppel-Ok – was absolute Begeisterung heißt! Sie strahlt mich an und erhält von mir die gleiche Antwort. Ich freue mich über ihre Freude und kann diese immer wieder nachvollziehen, wenn ich solche Reaktionen bekomme.

Eine gute halbe Stunde sind wir unterwegs. Eine ganz entspannte Jeanine direkt neben mir schwebt durch eine neue Traumwelt! Plötzlich tippt sie mir ans Bein. Ich drehe mich um. Etwas ist nicht in Ordnung mit ihr. Sie zeigt auf ihre Brust, hat einen besorgten Ausdruck in ihren Augen und gibt mir das Zeichen für den Aufstieg. Sofort gehe ich nah an sie ran, zeige ihr an, ruhig zu atmen. Doch sie will an die Oberfläche. Wir steigen jetzt langsam auf und ich halte sie dabei. Oben nimmt sie den Atemregler raus und legt sich auf den Rücken. Tiefes Durchatmen entspannt sie sofort und ich frage sie nach ihrem Befinden. Aus der Haftungsausschlusserklärung und ihrer Erzählung weiss ich, dass sie in bestimmten Jahreszeiten selten zu Astmaanfällen neigt, aber seit Monaten keinen hatte. Jetzt unter Wasser hat sich kurz einer eingestellt und sie nicht mehr weitertauchen lassen können. Damit ist der Tauchgang beendet, da wir beschließen, es ruhig angehen zu lassen. Trotzdem ist sie von Begeisterung erfüllt und der Schönheit unter Wasser überwältig. Das pure Glück trotz dieses Zwischenfalls strahlt aus ihrem Gesicht.

Zurück an Bord gibt es erst einmal einen kühlen Drink und wir warten auf die anderen, mit denen wir uns gegen 12.30 verabredet hatten. Alles klappt. Zu viert wieder im Boot sitzen wir gemütlich in der Sonne, trinken sprudelnde Kohlehydrate mit Namen Fanta und Cola und lassen uns von der Aussicht inspirieren. Welch runder Tag! Edwin und ich haben 2 absolut glückliche Gäste an Bord. Woutan ist überrascht von dem Geschenk und noch glücklicher darüber, dass seine Jeanine sich so wohl gefühlt hat beim Tauchen. Beide verhalten sich in trauter Zweisamkeit und steuern später sogar das Boot selbstständig zurück zur Marina! Edwin und ich machen es uns am Bug bequem und schwatzen über Herkunft, Welt, Wohnorte, Erlebnisse usw.






Die Email von Jeanine über diesen Tauchgang spricht für sich:"...We had the best trip EVER! Wouter was very surprised and loved the gift (please say thanks 2 Thomas for me) and also I am very delited with this memory of my first (an not my last) dive!! "

No comments:

Post a Comment