Friday, October 23, 2009

Shit happens oder Service auf Bonaire – Teil 2


Am Sonntag spielt mein Handywecker die allmorgendliche Melodie, um mich sanft in den Tag schweben zu lassen, schon um 9, damit ich pünktlich um 10 Lisette zum Tauchen treffen kann. 10min später geht mein Telefon schon wieder, aber weil ich einen Anruf erhalte. Thommy! Was ist passiert? Lisette fühlt sich nicht und kann nicht mit mir tauchen gehen. Schade, aber so kann es gehen.







Also beschließe ich, einen entspannten Spaziergang zu machen. Ich lasse mein plattes Rad gleich zuhause stehen und mache mich mit meiner Kamera auf den Weg, um Kralendijk am frühen Morgen fotografisch einzufangen. Nach einigen malerisch anmutenden verschlafenen Szenen vom Sonntagmorgen lande ich gegen 11 Uhr auf meinem Rundgang wieder beim Bikeshop. Geöffnet! Das ist meine Chance! Hoffnungsfroh und zielbewusst steuere ich geradezu auf den Bubi zu, der offensichtlich allein zum Sonntagsdienst eingeteilt worden war. Sicher repariert er

auch Fahrräder, murmelt er mit den allernotwendigsten Wörtern, die gerade einen vollständigen Satz ergeben. Und das für 5 Gulden, presst er zwischen den verklemten Zähnen hervor! Ich frage mich, ob ich einem Witz aufsitze, entscheide das Risiko einzugehen und verspreche, mit meinem Rad schleunigst zurückzukommen, da der Shop in einer Stunde schließt. Natürlich – wer könnte denn auf die Idee kommen, Sonntagnachmittag ein Motorrad zu mieten??? Welch absurder Gedanke!


In bester Laune mache ich mich in mindestens doppelter Geschwindigkeit auf – sofern dies bei gleißendem Sonnenbestrahlungen überhaupt möglich ist – und schlappe - jetzt trappelnd, nicht mehr schlurfend – in Richtung Heim, wo ich meinem Fahrrad beleidigt Hausarrest erteilt hatte. Hochmotiviert schiebe ich mein viel zu kleines Mountainbike trappelnd zurück die Kaya Grandi herunter bis an das Eckgrundstück, auf dem sich die Bikerfriedhof assoziierende 2Rad-Unternehmung niedergelassen hat. Der Junge – vielleicht 19 oder 20 – verschwendet keinen Buchstaben, schiebt meinen Patienten wortlos unter das Wellblechdach – vorbei an der skeptisch dreinblickenden schwarzen Kettendobermännin – und dreht es gekonnt auf den Sattelrücken.


Fein, denke ich, und drehe mir einen herumliegenden Baumstumpf zu einem Hocker herum, um mich darauf - die Situation allüberblickend - niederzulassen. Die Sonne brennt, das Wasser rinnt an mir herunter. Ich genieße den Anblick des babyblauen Himmels mit gleichmäßig getupften Wölkchen, in denen es sich die goldgelbe Mittagssonne mit einigen Strahlen gemütlich macht. Ich träume von meinem Meerblick gelegenen, uneinsehbaren Haus auf dem Hügel und dessen eigenen Strandzugang. Klatsch!! Verdammte Kampfmücke – selbst Schuld! Zurück in die Realität gerissen schweift mein Blick zur Straße. 2 kastenförmige Gestalten im realistischen Alter von ca. 45, aber im optisch wirkenden Alter von 55 – 1 Jahr plus 2 Kilos Übergewicht – mit ebenfalls kastenförmigen Frisuren und Gesichtern (bei ihm waren die Ecken schon lange voll ausgefüllt und ergeben ein harmonisch gleichmäßiges Rund eines aufgeblasenen Wasserballs. Jener krönt einen prall gefüllten, rot verbrannten Bewegungsapparat, von dem nicht klar ersichtlich ist, ob die Ursache dieser Optik in der übermäßigen Sonnenbestrahlung desselben oder dem Übergenuss von Schweinshaxe zu suchen ist. Um den Äußerlichkeiten noch eine Pointe hinzuzufügen, geben sich die beiden – von mir auch als typisch deutsch einstufbar – betont unsympathisch, nicht der freundlich lächelnden Verhaltensweise mächtig und artikulieren sich gegenüber dem Jungen eindeutig machtinnehabendmöchtend. Völlig unbeeindruckt wirkend reagiert der Kleine im bekannten Stil und informiert das „mächtige“ Paar über Ihr Pech, erst einmal warten zu müssen. Nun ist es klar: selbstverständlich Holländer. Wir sind in Bonaire. Deutsche lassen sich vielleicht noch eher einschüchtern und würden brav warten.

Zähneknirschend nehmen diese beiden Exemplare aus dem Reich der Tulpen erst einmal Reißaus vor der unerbittlichen Mittagssonne. Fordernd wirkend platzieren sie sich – ja keine Schwäche zeigen wollend – im Eintrittsbereich des blau gestrichenen geöffneten Biker-Bürocontainers. Geschätzte 3m seiner Gesamtbreite sind somit um 2m² Eintrittsfläche reduziert. Wie in Stein gehauene Statuen wachsen die niederländischen Divafregatten breitbeinig stehend irgendwie als Art Containergalleonsfiguren auf dem Eisenboden fest – stetig mich auf meinem Baumstumpf sitzend und den Jungen meinen Fahrradschlauch flickend unter strengster Beobachtung haltend. Interessant. Jene diktatorische Mentalität ist mir bisher oft in Deutschland aufgestoßen. Hier scheint sie Urcharakteristikum der Gauda-Neokolonialisten zu sein!


Der große Moment ist gekommen. Der wortsparende Junge pumpt meinen Vorderreifen mit Luft voll. Ich hatte ihm zuvor doch einige kreative Hilfestellung geben müssen, um eine akzeptable Improvisationslösung für das Abschirmen der Speichenschrauben im Innern der Felge zu erhalten. Zusammen meisterten wir DIE Herausforderung den Sonntags und mein Fahrrad stand in voller Pracht geheilt vor mir. Halt! Noch schnell versucht, die Sattelstütze zu erhöhen. Klassischer Fall von dumm gelaufen. Stützenlänge ist schlicht zu kurz. Also soll ich in gewohnt gekrümmter Haltung weiterfahren. Die lustigen 5 Gulden ( : 2,75 = Euro) erhöhe ich um 100%. Bubile ist häbbie und ich auch! Pfeifend schnurren mein Bergrad und ich vom Hof. Es ist noch nicht einmal 12 Uhr mittags. Ganz klar ist: Lunchpaket zubereiten und Richtung Nordstrand reiten. Bei den Dive Friends – wo mich einst Gerrie umschnurrt hatte, gibt es ein schönes Stückchen Wasserzugang und Verweilörtchen unter einem schattigen Wüstenbaum. Hier lässt es sich nicht nur gut schwimmen, sonnen und träumen sondern auch entspannt PADI Philosophien studieren J.

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