

My adventures at the worlds' amazing places such as Bonaire, Dominica W.I., Mexico, Egypt, Maldives, Hawaii, Belize, Bali, Sri Lanka etc., I share with this blog! Since 2008 I travel the world and love to move into my next adventure! Life is beautiful and never stands still! Happiness, Freedom, Enriching Experiences, Stunning Landscapes and Marine Life as well as lots of Amazing Human Beings have been the treasures along my privileged pathway! Enjoy reading and feel free to get in touch :-)
Durch Bonaire bekanntlich einfache und gut einschätzbare Taureviere eignet es sich sogar für einen Discover Scuba Diver Kurs vom Boot aus. Mit meinen bisherig hauptsächlichen Süßwassertümpeltaucherfahrungen erschien mir diese Vorstellung im ersten Moment etwas g ewagt und war mir neu - bis zum vergangenen Sonntag. Eigentlich mein freier Tag – doch wen interessiert's schon, wenn er doch ins Wasser darf und auch das Drumherum alles entspannt abläuft :-). An dieses Sonntag habe ich die ehrenvolle Aufgabe, einen exklusiven Bootstauchgang begleiten zu können, auf dem eine junge Frau ihrem Freund einen Bootstauchgang hinter Klein Bonaire schenkt und selbst einen DSD machen möchte, um später einen Kurs zu machen und mit ihrem Liebsten zusammen tauchen gehen zu können. Edwin, der Skipper, wird Wouter - besagten beschenkten Freund guiden, während ich die nette Jeanine unter meiner Anleitung den Tauchsport entdecken lasse. Dieser Sonntag ist ein echtes Highlight für mich! Auf einem Boot zu sein und meine Nase in den Wind und die Gischt halten zu können, bedeutet mir schon das halbe Lebensgefühl! Dazu noch die Temperaturen über 30° bei stetem Sonnenschein mit der Aussicht auf einen Tauchgang - und das bei Klein Bonaire - erfüllt schon die Tage vor diesem Ereignis mit Vorfreude!
Zusammen wippen wir nun genüsslich über die Wellen in Richtung Klein Bonaire. Jeanine heißt eigentlich Maria - ihre Mutter hat sie so nie genannt und ihr sofort diesen Rufnamen verpasst - genießt die Freude ihres Freundes über dieses VIP-Geschenk und den exklusiven Status als alleinige Gäste an Bord der Karlotte. Die Beiden sind machen einen großartigen Eindruck zusammen und ich bin froh, dass Jaenine keineswegs zu den Freundinnen gehört, die sich den Tauchsport nur ihrer Beziehung zuliebe aufzwingen will. Sie ist dagegen wirklich cool und supernett und hat riesige Lust mit mir ins Meer zu hüpfen. Das ist nämlich meine Aufgabe heute: Ihr ein so schönes Taucherlebnis zu verschaffen, dass sie von ihrer Entscheidung überzeugt wird und es auch bleibt. Spaß und echte Freude stehen bei einer solchen Aktion immer im Vordergrund. Kein Zeitdruck, keine schlechte Miene oder der Blick auf Kosten pro Stunde sind hier störender Beigeschmack. Edwin, unser Skipper, ist prädestiniert für seine Rolle als lockerer und vertrauenserweckender Skipper wie Tauchbuddy. Ich kümmere mich um Jaenine einfach wie um eine Freundin, zeige ihr im Tauchshop erst einmal das DSD Video, gebe ihr ein Kurzbriefing mit Handzeichen und betone die Schönheit des Tauchens und der Unterwasserwelt. Alles ist bestens vorbereitet. Auf dem Boot ist für Wasser gesorgt, ich bringe Cola und Fanta in der Kühlbox, und alle zusammen sorgen wir für eine fröhliche Urlaubsatmosphäre und der Vorfreude auf Bonaire.
Mission Karlotte: Jaenines Liebesgeschenk an ihren Woutan ein gelungenes Ereignis fürbeide werden zu lassen. Kunststück: Wir verstehen uns auf Anhieb gut, sodass sich der Tag für beide Seiten in ein großartiges Erlebnis entwickelt.
Fröhlich radle ich die Tage auf Bonaire umher und freue mich meiner Mobilität und Fahruntersatzunabhängigkeit, die mich innerhalb von Kralendijk und Umgebung alles flexibel und fast annähernd bequem (der Sattel ist so weich wie ein hölländischer Holzschuh) erreichen und erledigen lässt. Selbst das Ausbalancieren einer 2. Einkaufstüte mit meinem 20-Tonnen-Rucksack gelingt mir mittlerweile in akzeptabler Manier. Ein meist lebensmüde erscheinendes Unterfangen, nach dem man sich in bloßer Dankbarkeit darüber, nicht von vorbeidonnernden Pickups und Geländewagen von der Straße geschmettert und gegen den nächsten Strommasten geklatscht worden zu sein, unterwürfigst auf selbiges Asphalt-Schotter-Gemisch werfen möchte, um aus möglichst ehrfürchtiger Position seinen potentiellen Lebensbeendigern für die eigene zweite Chance, das Leben erleben zu dürfen, die Füße küssen möchte! Naja – ganz so schlimm ist denn doch nicht ;-)!
Übermütig dieser Gnade werdend beschließe ich die Besichtigung einer weiteren potentiellen Miniwohnung in – aus Großstadtperspektive gesehen - unmittelbarer Nähe vom Divecenter und jedoch unbestritten eindeutiger Nähe vom Flamingo Airport mit meinem gefühlt neuen Super-Berg-Radl zu wagen. Die Straße dorthin ist eine Hauptstraße und wäre auf manch anderer Karibikinsel schon als Quasi-Autobahn einzustufen. Kein Problem – ich fahre überall. Ob mit dem Rad oder dem Auto! Was bleibt mir auch übrig? Außerdem schadet die Bewegung meinen neu erworbenen, karibischen Luxusförmchen keineswegs. Es ist Samstag gegen 11.30 Uhr, als ich mich von meinem Betonbox-Hauptquartier (meine „Wohnung“) auf – die Kaya Grandi herunterfahrend und deren Verlauf folgend an meinem früheren und jetzigen Tauchladen vorbei auf besagte Geröll-Straßenbelagversuchsstrecke aufmache. Nach einem Kilometer entdecke ich eine nutzbringendere Sitzposition und trete sogleich mit doppelter Kraft in die Pedalen. Ein Radlerrhythmus stellt sich ein und ich ignoriere die Mittagssonne.
Nach 10min schon – einige Zeit vor unserem 12 Uhr Termin stehe ich vor einem sympathisch schön angestrichenen Haus auf geräumigem Eckgrundstück in einer besonders ruhigen und beschaulichen Wohngegend. Auf die fliederfarbenen mit weiß und pastelltürkisabgesetzten Außenwände des gemütlich wirkenden neuen Hauses blickend registriere ich sofort ein wohliges Gefühl in der Magengegend. Wie schön es hier ist! So harmonisch, hell, freundlich und leise. Hier würde ich vielleicht bald einziehen? Hoffentlich!
Wie die potenziell neue Bleibe konkret anmutet, berichte ich, sofern ich sie bekomme. Nach der Wohnungsbesichtigung folge ich dem Rat der alten Dame und Hausbesitzerin, den Schotterpfad Richtung Strand zu nehmen, um endlich meinem Schnorchelwunsch für das Wochenende nachgeben zu können. Ich schiebe mein Rad zwischen robustem Buschwerk hindurch auf trockenem Geröll und erreiche die Hauptstraße. Vor mir liegt „Bachelors Beach“! Der Tauchplatz an dem ich einen spektakulären Dekostopp hinlegen musste und zum Zeitvertreib Kunststückchen am
Bojenseil bis zur Bühnenreife geübt hatte. Als gemütlicher Strand zum Ausharren eignet sich dieser Platz jedoch nicht, weil von einer Kaimauer, über Steine hinweg lediglich eine Betontreppe direkt vom Parkplatz ins Wasser führt und keine schattige Sitzfläche bietet.
Nicht lange überlegt sitze ich auf meinem Radl und fasse den nächstgelegenen Tauchplatz Corporal Mais ins Auge. Nur etwa 500m weiter hinter den nächsten Apartmenthäusern gelegen weiß ich lange Korallengeröllstrände mit Schatten spendenden Bäumen, unter denen am Wochenende meist die Einheimischen ihre Familienzusammenkünfte abhalten. Nanu??? Warum tritt sich das Rad so schwer? Bin ich auf einmal so schwach? Ich blicke auf mein Hinterrad. Es ist unglaublich aber wahr. Der Reifen beginnt gerade mit vollem Genuss platt zu werden! NEIN und nochmals NEIN! Nicht schon wieder! Ist denn in diesem Rad der Wurm begraben? Ich trete weiter und beeile mich, meinen Strandplatz zu erreichen. Als ich absteige und zum Wasser hinunterklettere, bemerke ich den sehr flexibel aussehenden Vorderreifen. Natürlich, wie kann es anders sein! Auch er hat gerade beschlossen, sich eine Auszeit zu nehmen und lässt gemächlich Luft in die Umwelt ab. Meine Laune sinkt auf einer Skala 1-10 von 10,5 auf bestimmt 5. Bevor ich jetzt unbedacht in Aktionismus ausbreche, entscheide ich mich vorerst für meinen ursprünglichen Plan und setze meine Schnorchelei in die Tat um.
Die nächsten Schritte sind klar. Tommy im Shop anrufen und ankündigen, dass ich komme, um mit dem Wagen mein Rad zum Bikeshop von Dive & Adventures zu fahren. Heißt im Klartext, ich stehe vor der Herausforderung, mich und das Rad zu Div’Ocean zu schieben, uns beide im Pickup nach Norden von Kralendijk zu befördern und vor 15.00 Uhr wieder zurück zu sein, weil der Gute dann den Laden schließt. Am Wochenende herrscht auf Bonaire verhaltener Betrieb im Tauchladen, weil An- und Abreisezeit für Inseltouristen ist. Zum Glück ist Tommy so klasse und überlässt mir auch für solche Aktionen den Tauchshopwagen!
In mittlerweile bis in die letzte Zelle hinein brennende Sonne laufe ich gemächlich die Ränder der Bonairer Hauptstraße ab – mal auf der linken oder rechten Seite – bis ich nach geschlagenen 35 Minuten Div’Ocean erreiche und somit noch mehr als 1,5 h Zeit für meine notwendige Autotour habe. Entweder die Reparatur kann gleich erledigt werden oder ich muss bis Montag warten. Letzteres ist der Fall und beschließe erneut, die Situation zu nehmen wie sie ist. Nachdem ich den Wagen wieder abgestellt habe, folge ich erstmals den Pfad der Nachbarschaft und klettere mit meinem Rucksack über die Grundstücksmauer zum Plaza-Resort, um den schnellsten Weg zum dort künstlich angelegten Strand zu erreichen und mich dort zu sonnen und zu schwimmen und erneut zu schnorcheln.
Als Ende von diesem „Shit happens“ Lied, bleibt nur die weise Entspanntheit und Akzeptanz dessen Existenz und dem Umgehen mit den Gegebenheiten. 2 Tage laufe ich morgens wieder zur Arbeit und fahre am Montag mit dem Pickup gemütlich zum Diver-Biker-Shop, um mein Mountain-Radl abzuholen. Dort erhalte ich noch eine Menge Tipps für die bessere Haltbarkeit von Fahrradreifen auf Bonaire und verabschiede mich mit einem fröhlichen „Bis Bald!“.
Also beschließe ich, einen entspannten Spaziergang zu machen. Ich lasse mein plattes Rad gleich zuhause stehen und mache mich mit meiner Kamera auf den Weg, um Kralendijk am frühen Morgen fotografisch einzufangen. Nach einigen malerisch anmutenden verschlafenen Szenen vom Sonntagmorgen lande ich gegen 11 Uhr auf meinem Rundgang wieder beim Bikeshop. Geöffnet! Das ist meine Chance! Hoffnungsfroh und zielbewusst steuere ich geradezu auf den Bubi zu, der offensichtlich allein zum Sonntagsdienst eingeteilt worden war. Sicher repariert er
auch Fahrräder, murmelt er mit den allernotwendigsten Wörtern, die gerade einen vollständigen Satz ergeben. Und das für 5 Gulden, presst er zwischen den verklemten Zähnen hervor! Ich frage mich, ob ich einem Witz aufsitze, entscheide das Risiko einzugehen und verspreche, mit meinem Rad schleunigst zurückzukommen, da der Shop in einer Stunde schließt. Natürlich – wer könnte denn auf die Idee kommen, Sonntagnachmittag ein Motorrad zu mieten??? Welch absurder Gedanke!
In bester Laune mache ich mich in mindestens doppelter Geschwindigkeit auf – sofern dies bei gleißendem Sonnenbestrahlungen überhaupt möglich ist – und schlappe - jetzt trappelnd, nicht mehr schlurfend – in Richtung Heim, wo ich meinem Fahrrad beleidigt Hausarrest erteilt hatte. Hochmotiviert schiebe ich mein viel zu kleines Mountainbike trappelnd zurück die Kaya Grandi herunter bis an das Eckgrundstück, auf dem sich die Bikerfriedhof assoziierende 2Rad-Unternehmung niedergelassen hat. Der Junge – vielleicht 19 oder 20 – verschwendet keinen Buchstaben, schiebt meinen Patienten wortlos unter das Wellblechdach – vorbei an der skeptisch dreinblickenden schwarzen Kettendobermännin – und dreht es gekonnt auf den Sattelrücken.
Fein, denke ich, und drehe mir einen herumliegenden Baumstumpf zu einem Hocker herum, um mich darauf - die Situation allüberblickend - niederzulassen. Die Sonne brennt, das Wasser rinnt an mir herunter. Ich genieße den Anblick des babyblauen Himmels mit gleichmäßig getupften Wölkchen, in denen es sich die goldgelbe Mittagssonne mit einigen Strahlen gemütlich macht. Ich träume von meinem Meerblick gelegenen, uneinsehbaren Haus auf dem Hügel und dessen eigenen Strandzugang. Klatsch!! Verdammte Kampfmücke – selbst Schuld! Zurück in die Realität gerissen schweift mein Blick zur Straße. 2 kastenförmige Gestalten im realistischen Alter von ca. 45, aber im optisch wirkenden Alter von 55 – 1 Jahr plus 2 Kilos Übergewicht – mit ebenfalls kastenförmigen Frisuren und Gesichtern (bei ihm waren die Ecken schon lange voll ausgefüllt und ergeben ein harmonisch gleichmäßiges Rund eines aufgeblasenen Wasserballs. Jener krönt einen prall gefüllten, rot verbrannten Bewegungsapparat, von dem nicht klar ersichtlich ist, ob die Ursache dieser Optik in der übermäßigen Sonnenbestrahlung desselben oder dem Übergenuss von Schweinshaxe zu suchen ist. Um den Äußerlichkeiten noch eine Pointe hinzuzufügen, geben sich die beiden – von mir auch als typisch deutsch einstufbar – betont unsympathisch, nicht der freundlich lächelnden Verhaltensweise mächtig und artikulieren sich gegenüber dem Jungen eindeutig machtinnehabendmöchtend. Völlig unbeeindruckt wirkend reagiert der Kleine im bekannten Stil und informiert das „mächtige“ Paar über Ihr Pech, erst einmal warten zu müssen. Nun ist es klar: selbstverständlich Holländer. Wir sind in Bonaire. Deutsche lassen sich vielleicht noch eher einschüchtern und würden brav warten.
Zähneknirschend nehmen diese beiden Exemplare aus dem Reich der Tulpen erst einmal Reißaus vor der unerbittlichen Mittagssonne. Fordernd wirkend platzieren sie sich – ja keine Schwäche zeigen wollend – im Eintrittsbereich des blau gestrichenen geöffneten Biker-Bürocontainers. Geschätzte 3m seiner Gesamtbreite sind somit um 2m² Eintrittsfläche reduziert. Wie in Stein gehauene Statuen wachsen die niederländischen Divafregatten breitbeinig stehend irgendwie als Art Containergalleonsfiguren auf dem Eisenboden fest – stetig mich auf meinem Baumstumpf sitzend und den Jungen meinen Fahrradschlauch flickend unter strengster Beobachtung haltend. Interessant. Jene diktatorische Mentalität ist mir bisher oft in Deutschland aufgestoßen. Hier scheint sie Urcharakteristikum der Gauda-Neokolonialisten zu sein!
Der große Moment ist gekommen. Der wortsparende Junge pumpt meinen Vorderreifen mit Luft voll. Ich hatte ihm zuvor doch einige kreative Hilfestellung geben müssen, um eine akzeptable Improvisationslösung für das Abschirmen der Speichenschrauben im Innern der Felge zu erhalten. Zusammen meisterten wir DIE Herausforderung den Sonntags und mein Fahrrad stand in voller Pracht geheilt vor mir. Halt! Noch schnell versucht, die Sattelstütze zu erhöhen. Klassischer Fall von dumm gelaufen. Stützenlänge ist schlicht zu kurz. Also soll ich in gewohnt gekrümmter Haltung weiterfahren. Die lustigen 5 Gulden ( : 2,75 = Euro) erhöhe ich um 100%. Bubile ist häbbie und ich auch! Pfeifend schnurren mein Bergrad und ich vom Hof. Es ist noch nicht einmal 12 Uhr mittags. Ganz klar ist: Lunchpaket zubereiten und Richtung Nordstrand reiten. Bei den Dive Friends – wo mich einst Gerrie umschnurrt hatte, gibt es ein schönes Stückchen Wasserzugang und Verweilörtchen unter einem schattigen Wüstenbaum. Hier lässt es sich nicht nur gut schwimmen, sonnen und träumen sondern auch entspannt PADI Philosophien studieren J.
Aus dem Supermarkt Cultimara kommend – beladen mit einigen ausgesuchten Grundlagenlebensmitteln – erreiche ich mein Langzeit geliehenes Mountainbike und klettere auf den Sattel um loszufahren. Dies gelingt mir eher allmählich mit der Zusatzlast und bei den erhöhten Außentemperaturen. Nach einigen Metern tritt sich das Rad immer schwerer. Ein Blick auf den Vorderreifen genügt! Fast platt! Zuviel Last? Jemand mit mir auf dem Rad? Quatsch! Einfach fast platt! Wie durch eine magische Bonairer Abwehrhand verflüchtet sich die Luft meines Vorderreifens beim Hinsehen. Begeisterung macht sich breit. Mein Tagesplan an den „Strand“ zu fahren, zu lesen und zu schwimmen war halb zerstört. Am Wochenende in Bonaire irgendetwas umsetzen, fertig stellen, erledigen, schaffen zu wollen, ist bekanntlich eine naive Idee. Ich fahre also zuerst meine Einkäufe zu meinem Kühlschrank. Dieser nicht unbedeutende Schritt ist damit schon einmal geschafft. Dann entschließe ich mich, Hilfe bei dem mir bekannten Bikeshop zu erbitten, bei dem ich zu Beginn meines Aufenthalts meinen ersten Fahrradvermieter getroffen hatte. Ich schiebe also los – am frühen Samstagnachmittag eine nervige aber notwendige Idee.
Der Bikeshop. Niemand da. Die elegante Dobermanndame blickt mich sogar aus liegender Position herablassend an und bemerkt dabei anscheinend nicht ihre offensichtlich niedere Position als dauerhaft angekettete Wachdame eines heruntergekommenen Containers mit Kraut-und-Rüben-Ambiente auf einem Schottergrundstück, von dem man erst nach zweimaligem Hinsehen ein Touristengewerbe und nicht den spontan assoziierten Müllplatz identifiziert. Der pfeifende Wüstenwind hat den Werbeaufsteller am Bürgersteig umgeworfen – ein hinreichendes Indiz dafür, dass wirklich niemand in der Nähe zu sein scheint. Wild entschlossen rufe ich die Servicenummer an. Eine gebrochen sprechende Frauenstimme wirft mir einige Worte durch das Funknetz zu, die soviel bedeuten wie die aktuellen Öffnungszeiten des Bikeshop. Aus dieser Ansammlung von Begriffen setze ich mir folgende Information zusammen: geschlossen zwischen 2pm und 5pm. Ich blicke auf meine Uhr: halb 2… Ungeachtet dessen frage ich nach, ob wirklich jemand um 5pm zum Shop kommen würde und erhalte eine Bestätigung.
Mein nächster Schritt erinnert mich an meinen ersten Tag auf Bonaire. Damals traf ich den gestrandeten Amerikaner und lieh mir das Fahrrad von ihm. Heute soll es anders sein. An seinem Haus am nächsten Block angekommen klingele ich erst seine Frau aus dem Haus und höre ihn hinter mir rufen „I am here!“. Das Wiedersehen ist nett und ich frage um kurze Hilfe für meinen Vorderreifen. Etwas Luft genügt schon. Witzig ist, dass er mein Rad als ehemals sein eigenes wieder erkennt und ich ihm meine Quelle nenne. Die Insel ist klein. Hier trifft am jeden und alles irgendwann irgendwie immer ein zweites, drittes oder vielfaches Mal wieder. Ich erzähle ihm kurz von meinem bad luck und er fragt "Have you ever heard the saying 'shit happens'? und pumpt hilfsbereit meinen Vorderreifen auf. Genau - nicht drüber nachdenken und die Lösung finden. Dann empfiehlt er mir den Freewheeler für die Reparatur. Gut. Ich werde mein Glück versuchen und radle bestimmt 5 km gen Norden.
Natürlich finde ich die besagte Adresse weit und breit nicht und lande schließlich in einem kleinen Shop, vor dem ich meine neue Nachbarin plauschend mit dem Shopinhaber finde. Michael ist gleich hilfsbereit und ruft die Dive Adventures um die Ecke an, die auch einen Fahrradladen betreiben. Ich kann noch vorbeikommen heißt es und radle los. „No, but we are closed already“. Was? Gerade wurde ich hergeschickt. Das macht hier gar nichts. Geschlossen ist geschlossen. Obwohl ich dem Richtigen gegenüberstehe, der mein Rad binnen 10min hätte reparieren können, erhalte ich nur Luft zum Zurückradeln. Oh Mann, besser als gar nichts. Es ist Samstagabend und ich beschließe mich zu entspannen.
Es ist jst ja nicht so, dass ich mich in meinem Wohnloch bei Lee zur Gänze unwohl fühle. Im Gegenteil – die Bleibe appelliert an meinen Sinn für das Überleben mit Spaß – eben an mein Camperherz. Mir gefällt es, mich auf kleinem Raum und mit einfachen Gegebenheiten arrangieren zu müssen und Lösungen für das störungsfreie Alltagsleben entwickeln zu können. So anscheinend auch meine neue exilvenezuelanische Nachbarin mit holländischem Pass – hört ebenfalls auf den Namen Sigrid und hat so gar nichts mit ihrer begrenzt entwickelten Namensvetterin aus meinem anfangs frequentiertem Tauchshop mit zweifelhaftem Ruf zu tun. Bei Wein- und ohne Gesang unter klarem Sternenhimmel tauschen wir Jahrgangskolleginnen uns über die Lebensweisen an den uns bekannten Orten sowie über die Regeldiktatur lokaler Kolonialpatrioten entgegen einheimischen Kulturursprungs aus.
Es tut gut, endlich einmal wieder ein richtiges Gespräch 1. mit einer Frau und 2. in meiner Muttersprache zu haben. Die Insel erscheint mir etwas Männer dominiert, wobei in den meisten Fällen der Begriff Macho den Begriff Mann ersetzt. Dabei stimmen mich nur einzelne Ausnahmen versöhnlich. Vor diesem Hintergrund ist es besonders erholsam, endlich wieder einmal richtig Konversation machen zu können, ohne ständig flache Sprüche abschießen und erwidern zu müssen, um mir Gehör zu verschaffen. Jungs, lernt richtige Gespräche zu führen ;-)! Mit Hand und Fuß sowie Tiefe und Inhalt! Auch hier bin ich für sehr einzelne Ausnahmen dankbar, die aber eher rar in Aktion treten.
Das 2. positive Erlebnis an diesem Abend ist, dass ich das erste Mal an der frischen Luft – außer nach 2 Tauchgängen einmal im Wind stehend – plötzlich beginne von der kleinen Brise etwas zu frösteln! Ein unfassbarer Moment der mich hoffnungsfroh stimmt, dass mein Körper sich nach nun einem Monat endlich aklimatisiert. Bei 30 oder mehr Grad um 10 Uhr abends ein seltenes Phänomen auf dieser trockenen Insel.
Nach dem halben Weißwein leeren wir noch den restlichen Rotwein und unterhalten uns mehr als 3h – auf Lee’s zu unseren Wohnlöchern gehörenden Gartenstühlen unter der Treppe zur Dachterrasse sitzend – über Götter und deren Welten, über kolonialistische Holländer in der Karibik und die Rassenprobleme zwischen Schwarz und Weiß auf Bonaire. Ein endloses Thema mit verschiedensten Standpunkten und Erfahrungen aller Beteiligten… Doch für uns steht eines unbestritten im Vordergrund: als Europäer sind wir hier Gäste, die froh sein können geduldet zu werden. In dieser Situation sollten nicht Arroganz die alltäglichen Verhaltensweisen bestimmen, sondern vorerst Respekt für die einheimische Bevölkerung und Zurückhaltung im eigenen Benehmen – dies ist nicht Holland oder Deutschland oder Europa im Allgemeinen oder schon gar nicht die USA. Bonaire ist eine kleine karibische Insel, die ursprünglich nichts mit europäischem Imperialismus zu tun hat und dennoch heute in praktisch quadratisch gute EU-Norm-Pakete verpackt wird, die selbstverständlich mit der angeblichen Faulheit der einheimischen Antillianer begründet wird. Hatten wir das nicht alles schon einmal?
Mein guter Freund Richard aus New York hat das Kind auf den Weg geschaukelt! Durch seine Aussage im Shop dort waren die Jungs überzeugt, dass ich meine Kreditkarte nicht gestohlen haben konnte, sondern real bin und dieses Produkt seriös erwerben würde wollen! Hach – wieder mal Glück gehabt! An dieser Stellen: EIN RIESIGES DANKESCHÖN an Richie-Babe!!! Thanks a lot for your help! Trotzdem wundere ich mich, wie eine mündliche Aussage diesen Versand hat bewirken können. Aber hier treffen wieder einmal die Unterschiede zwischen Deutschland und den US. aufeinander J! I Love NY!
Wie oft haben wir am See gesessen und darüber gesprochen, wie dieses Ereignis begangen werden kann, werden sollte, wurde, werden wird, und Erfahrungen, Wünsche, Ideen darüber ausgetauscht. Für Wochenend-, Nebenjob- und Hobbytaucher, die erst nach Feierabend aus dem „richtigen Leben“ ins den Neoprenanzug springen, spielt der 100ste Tauchgang natürlich eine bedeutsame Rolle! Im Binnenland kommen wir nämlich nicht endlos oft zum Tauchen, wie unsere Profikollegen in weltweiten, tropischen Regionen. Unsere Tauchfrequenz wird vorerst vom Klima – der 4Sommermonatssaison mit möglichen Frostphasen im Herbst und eisig kaltem Seewasser im Frühling – und vom Tauchjobben als Nebenberufung bestimmt.
Somit also erinnerte ich mich heute gern an diese Gespräche und kann an dieser Stelle lediglich vermelden, dass mein 100ster Tauchgang kein Champagnerbesäufnis auf 20m Tiefe war oder durch Ausrüstungstausch, - klau, Flasche zudrehen, Flossen abziehen oder Maske abreißen bestand (Schnief…). Nein! Ganz unspektakulär aber irgendwie trotzdem bedeutend unternahm ich zu diesem Lebensevent einen geplanten Scuba Review mit einer netten Martinair-Angestellten aus dem Hotel Plaza nebenan. Geplant deswegen, weil der Scuba Review keiner wurde, sondern durch einen Spaßtauchgang auf max. 17m ohne jegliche Skills gekennzeichnet wurde. Somit kann ich den Tauchgang einerseits als unspektakulär und andererseits doch als bedeutsam verbuchen. Denn die Dame hatte seit 6 Jahren nicht mehr getaucht und war bereits 20cm unter der Wasseroberfläche leicht panisch. Verständlich. Also ging ich es langsam mit ihr an.
Bedeutsam für mich als hoffentlich angehende Tauchlehrerin war dieser halbstündige Tauchgang deshalb, weil ich meine erwartungsfrohe Tauchgästin dazu gebracht habe, mit mir abzutauchen und das Riff zu entdecken – was wir zu Ihrer Beruhigung Hand in Hand umgesetzt haben. Ergebnis: eine glückliche Tauchwiederkehrerin durch meine Tauchgangsdurchführung – und das erstmals im Meer. Als IDC Anwärterin ein sicher nicht ganz unwichtiges persönliches Erfolgserlebnis.
Nichtsahnend öffne ich die Tür meiner neuer Behausung so gegen 6.45 Uhr morgens, um ein wenig frische Luft durch die Holztür meines neuen 28m² Betonbunkers hinter Lee’s Bar hereinzulassen. Als 2. Schritt fülle ich den Wasserkocherteil meiner
Kaffeemaschinenwasserkocherkombi mit lauwarmen Bonairer Leitungswasser, das ganz karibisch aus dem Meer aufbereitetes Salzwasser darstellt. Bis das Wasser heiß genug ist, um sich über meinen wertvollen Lavazzo Espressokaffee in meiner Tasse ergießen zu dürfen, schaffe ich die Morgendusche und einige prüfende Blicke in den Badezimmerspiegel. Auch das Wasser kocht karibisch – ganz entspannt bis es eben heiß genug ist…
Frisch aus der Dusche meines Luxusbades gehopst gehe ich den Weg in meine Luxusküche an, bewege mich also über ca. 10 40x40 Steinimitatfließen hin zu meinem sich in Vorbereitung befindenden Morgenkaffee. Kurz zur Erklärung; 1m hinter mir steht mein mit 2m viel zu kurzes Bett, auf dass ich mich jetzt eigentlich setzen könnte. Da ich aber gerade dort herkomme, entscheide ich mich nach dem Aufwachen für das geschäftige Treiben an meiner 2m breiten Küchenzeile – stets in dem Bewusstsein, schläfrig und sorglos nach hinten fallen zu können und kein Loch in den Kopf schlagen, weil ich in meinem Schlafzimmer landen würde.
Wie auch immer. Das Kaffeewasser ist bereit, meinenLavazza-Espressokaffeepulver in meiner Tasse treffen zu können bzw. zu dürfen. Ich freue mich auf das leise Rauschen dieser Zusammenkunft der Elemente und ziehe den Duft dieses mir so wohl bekannten Bohnengewächses durch die Nase und beginne mein Frühstücksritual bestehend aus holländischen 3.-Zähne-freundlichen-Haferflocken in Magerjoghurt verrührt und mit Mariannes Obst des Tages aufgepeppt (6 Äpfel in Folie und Styropor verschweißt geben 12 Tage Obstgarnitur kurz nach Sonnenaufgang).
Mit Vorfreude auf den frischen Geschmack und einen gesunden Start in den Tag konzentriere ich mich also auf die vollständige Zubereitung meiner Frühstücksschüssel und nehme die jungen Sonnenstrahlen wahr, die es sich einen Weg hinter das Haus bahnen und das vernachlässigte Gestrüpp meines tropischen Gartens bescheinen.
Gedankenversunken in die in Kürze auftretenden Ereignisse des Tages verspüre ich einen stechenden Schmerz in meiner - heute Wade – morgen Oberschenkel oder Knöchel – zwischendurch Oberarm, Unterarm, Füße, Zehen, Wange, Ohr, Finger!!! Ist es zu fassen??? Ich schrecke zusammen, schlage auf die schmerzverursachende Stelle und fluche in den Mosquito verseuchten Morgen hinaus. Schnell habe ich gerlernt, nach „Raid“ zu greifen, meiner magischen Sprühdose, die sowohl schokoladenbraune Kakerlaken als auch Ameisen ins Jenseits befördert. HA! Ihr Mistviecher geht in den Kakalakenhimmel – jetzt. SSSSSSSPPPPPPPPPPPPPSSSSSSSSSSSSSCHHCHCHCHCHCHCHCHCHCH! Zu spät ist es längst für die Einstichstelle in der Haut. Nachdem die Parasiten ihr Gift injiziert haben, beginnt der Juckreiz nach 2 Sekunden des stechenden Schmerzes. Spätestens jetzt fällt mir ein, dass die Priorität in Bonaire sicher nicht auf einem rituell zelebrierten Frühstück liegt, sondern auf der Vorbereitung aller m² meiner Haut: dem Besprühen mit „Deet“, „AntiBrumm“ oder ähnlichen CHANEL-Substituten, das selbst hartgesottene Blutsauger für eine gewisse Zeit auf Abstand hält. Wer muss schon gut riechen, wenn er doch effektiver stinken kann?
Kurzum: dies ist ein ganz normaler Tagesbeginn und somit die beste Vorbereitung auf den ganzen Tag. In Bonaire ist jetzt Regenzeit. Regenzeit=Mückenzeit! Ich habe nicht kapituliert, sondern meine Einstellung in den flexiblen Anpassungsmodus gebracht. Zerstochen wie ein Schweizer Käse radle ich wie jeden Morgen guter Dinge zur Basis und freue mich über das Sein J (Böse Zungen behaupten, Hitze macht doof…;-))
Bis bald! Bon Dia und Tschööhh…
Himmelherrgottnochmal! Wie können die leichtesten Tops und Shorts immer noch zu viel Kleidung in diesen Breiten sein? Aber es ist so. Nicht nur, dass geringe Bewegungen, die hier auch noch einmal gemächlicher ausfallen als im kalten Europa, sofortiges Schwitzen zur Folge haben und einfach öfter eine Pause erfordern – sondern sogar im Meer sind die eingeplanten 7mm für Bonaire’s Wasser- und Lufttemperaturen unter brennender Sonne wesentlich zu warm. Es ist einfach so! Selbst langjährige – und wenn ich langjährig sage, meine ich ab 15 Jahre aufwärts – Taucher bzw. Tauchlehrer, die weltweite Tauchgebiete betaucht haben, steigen hier mit max. 3mm – eher im 3mm Shorty ins Wasser!
In Heimatbreiten schier das Gegenteil: je mehr und öfter Du tauchst, desto dicker werden Deine Neopren- bzw. Isolierschichten, weil Du einfach viel schneller zu frieren beginnst. Nun ja, davon kann hier eben so gar keine Rede sein und ich muss ehrlich sagen; ich gewöhne mich an dieses Klima… Quatsch, ich liebe dieses Klima! Vom ersten Augenblick meiner Ankunft an habe ich die 34° mit einem tiefen Nasenatemzug aufgesogen und in meinen Herzkammern verstaut. Aber woran ich mich wirklich gewöhne, ist das entspannte Inselklima. Ein Tempo was mir menschlich und gesund erscheint, bestimmt meinen Alltag, von dem ich noch nicht sicher bin, ob ich ihn unter Kategorie Urlaub oder Kategorie Arbeit oder Kategorie Weiterbildung oder Kategorie Dasein oder vielleicht einfach unter gar keiner Kategorie ablegen soll. So lebe ich täglich in einen neuen Tag – stets mein Ziel „Div’Ocean“ – www.divoceanbonaire.com - im Auge, das ich ab jetzt als stolze Fahrradmieterin in nunmehr 5 min Strampelns anstatt 25min Gehens erreiche.
Nach 2 Wochen Bonaire habe ich das Gefühl, einiges für mich und mein Vorhaben bewegt zu haben. Vielmehr hat mir eine Aneinanderreihung von Glücksfällen oder Schicksalsschritten bereits vor meiner Abreise diesen Weg geebnet. Diesen gehe ich jetzt dankbar. All meine Zweifel, die ich in Berlin nach der negativen Nachricht der Tropical Divers bekommen hatte – nicht den IDC machen zu können – haben sich seit dem Moment der Vereinbarung einer Zusammenarbeit mit Thommy, dem einzigen PADI Course Director in der Gegend – schlagartig in Luft aufgelöst. Dadurch erhalte ich nun die Auflösung meiner Bedenken dieser Reise und meines drückenden Bauchgefühls, dass ich lange zuvor gehegt hatte und was mich sogar kurzzeitig hat überlegen lassen, die Reise abzusagen. Die Auflösung ist für mich die Erkenntnis, auf dieser Reise das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden zu wollen und zu können: den IDC in der Karibik, wo ganz neue Einsichten und Erfahrungen auf mich einströmen werden.
Als großes Glück erfahre ich einen Exklusivstatus bei Thommy, weil ich seine einzige Mitarbeiterin bin und mit ihm nun die Basis selbstständig aufbauen und dementsprechend eigene Ideen einbringen und umsetzen darf. Genau diese Arbeitsatmosphäre bei ihm ist die gleiche, die ich in Berlin nur durch meine Freiberuflichkeit und in der www.tauchzentrale.de gefunden habe und vorher überall vergeblich gesucht habe! Hier habe ich als
Mein erster Nachttauchgang auf Bonaire und im Meer überhaupt. Dies soll heute Abend stattfinden! Ich freue mich. Ohne Tageslicht zu tauchen umhüllt mich immer mit einem zusätzlichen Gefühl der Geborgenheit und Entspanntheit durch den Schutz der Dunkelheit. Also bereite ich voller Vorfreude meine Sealife DC 800 für ihren ersten Salzwassertauchgang bei Nacht vor (naja, ist ja erst 19.00 / 20.00 Uhr) und meine Lampen ebenso, den neuen Blitzer und meine Taschenlampe. Ein Highlight dieses Tauchgangs ist, dass ich für Chris’ Freunde, einem unserer Tauchlehrer, das Briefing übernehme. Nächstes Mal kommt bestimmt meine erste Tauchgangsführung auf mich zu. Chris macht heute schon einen Spaß, dass ich guiden soll. Oh je…! Ich bin doch erst das erste Mal im Dunkeln im Meer unterwegs und male mir wer weiß welche Szenarien aus, die meine Unsicherheit bestätigen können.
Doch es bleibt für mich beim Briefing auf Englisch und Check des Equipments der beiden Freunde Simone und Michel. Alles sieht gut aus. Wir laufen vom Parkplatz zum Einstieg, wo ich mit meinem Spickzettel die 10 Punkte abpräsentiere, um die Tauchgäste hinsichtlich Tauchtiefe, Sehenswürdigkeiten, Einstiegs- und Ausstiegstechniken, Buddysystem, Unerwasserwelt, Handzeichen und aller anderen wichtigen Punkte aufzuklären. Chris beobachtet mich mit Argusaugen und schaut, ob ich etwas vergesse. Doch dies geschieht nicht. Gutgelaunt gehen wir zurück zum Wagen, um uns aufzurüsten und danach abzusteigen.
Ins Wasser laufend über Steine kletternd erreichen wir die Rückenlage, die optimal ist zum Anziehen der Flossen. Ich bilde das Schlusslicht der Truppe und prüfe meine Lampen und die Kamera. Warum leuchtet hier ein rotes Licht am Gehäuse??? Mir kommt ein fürchterlicher Verdacht und ich drücke den „Ein“-Schalter. Nichts!!!!!!!! Shit!!!!!!! NICHTS!!!!!!! Ich nehme eine Lampe und leuchte auf das Sichtfenster des Gehäuses. Dort 1cm Wasserstand! NEIN! Shit! Ich rufe Chris zu „I have to take my camera out! The housing is flooded!” Er:” SHIT!” Wie wahr! Ich paddle auf dem Rücken gen Land, um meine Kamera in einer sicheren Ecke an Land zu deponieren, während wir tauchen gehen würden. Als ich mich durch die Brandung und über die Ausstiegssteine gekämpft habe, um das Paket hinter einem Bot zu verstecken, höre ich Chris mich vom Land rufen: „Marianne, you wanna go? I am not going!“ Ich „Why are you not going?“ Er: “My camera! There is water in the housing!” Ich glaube nicht richtig zu hören! Wir hatten beide Wasser im Kameragehäuse! Welch schlechtes Karma heute Abend. Sollen wir etwa aus dem Wasser bleiben?
Ich stolpere zu Chris. Er kann sein Equipment nicht hier lassen und will es öffnen. Also muss er zur Basis zurück und organisiert sich die Auto- und Shopschlüssel von Jürg. Weil ich den Tauchgang mitmachen werde, gebe ich ihm meine „Flutkatastrophe“ mit und gehe zurück ins Wasser. An der Boje angekommen tauchen wir nun endlich ab und ich entspanne mich sofort nach der Hektik. Unten angekommen befestigen Jürg und ich meinen Blitzer (Danke Petra und Tom für dieses tolle Geschenk zu meinem Geburtstag!!!) am Befestigungsseil als unser Ausstiegskennzeichen. Wie besprochen gruppieren wir uns am Riff – Jürg vorweg, dann die Buddies und ich am Ende. Ich fühle mich unglaublich wohl - schwebend mit einer wohligen Finsternis umgeben von einem tragenden Schwarz und mit mir nur das Blubbern meines eigenen Ausatmens des Nitrox 32, dass ich einsauge und tief wieder ausstoße. Meine Gedanken sind von Glück erfüllt. Das Tauchen ist das, was ich hier machen will. Die Langeweile in der Basis ist im Moment verziehen. Die Entschädigung für alles ist, dass ich bei 29° im Meer tauchen darf und mich unglaublich sicher dabei fühle. Hier gehöre ich hin – das weiß ich jedes Mal. Keine klirrende Kälte im Brandenburger See, die Stressatmen hervorruft. Ich stelle fest, dass ich schon wieder das Bedürfnis habe, 1 Kilo Blei abzulegen. Heute bin ich gerade von 8 auf 7 Kilo gegangen. Das nächste Mal wechsle ich auf 6 Kilo, nehme ich mir stolz vor. Wenn das kein Fortschritt ist! In dieser Umgebung geht mein Luftverbrauch ebenso herunter und ich steige nach 50min noch mit 50 bar aus dem Wasser, obwohl ich heute Abend mit 10 Liter unterwegs bin. Was ist passiert? Nach dem Gespräch mit Dik habe ich mein Tauchverhalten harmonisiert. Ich bewege Atmung und Flossenschläge zeitlupenmäßig im Einklang und wiege mich träge in der flüssigen Dichte des karibischen Meerwassers, als ob ich darin geboren worden wäre. Langsam beginne ich seine Worte zu verstehen, dass Tauchen Spiritualität ist. Du gehst mit der Bewegung des Wassers und bildest den geringsten Widerstand durch Dein rhythmisches Zusammenspiel von Lungen und Beinen. Als Ganzes bewegst Du Dich gemächlich mit der Kraft der Wogen vorwärts und nicht schneller hindurch. Mit der Natur und nicht dagegen. Das Meer trägt Dich, lass Dich mitziehen….
Tarpone!!! Riesig groß! 1,20m lang, streifen unsere Gruppe haarscharf! Die schillernden Schuppen ihrer Körperoberfläche wirken im Schein unserer Lampen wie Diskokugeln der 80er Jahre vor dieser surrealen Nachtkulisse bunter Korallengärten! Das Schauspiel wirkt wie gezeichnet. Doch die reale Bewegung dieser Tiere im Wasser reißt uns zurück in die Wirklichkeit. Wir sind Teil ihres Jagdgebietes, und sie inspizieren uns! Wir gleiten weiter dahin. Zwei dieser Spezies bleiben bei uns, schwimmen unter uns, beobachten uns von vorn, kommen von hinten an uns vorbei geschwommen integrieren sich beinahe in unsere 4er Formation. Ein wunderbares Gefühl, das sich in mir entwickelt. Ein Gefühl von Zugehörigkeit zur Unterwasserwelt. Wir sind jetzt ein Teil dieser Korallengarten-Rifflandschaften und deren Lebensgemeinschaften und tragen die Verantwortung für das harmonische Miteinander darin durch unser soziales Tauchverhalten. Respekt eines jeden einzelnen Lebewesens bestimmt unsere Vorsicht und unsere Distanz. Wir berühren nichts, leuchten vorsichtig am Objekt vorbei, wann immer es uns möglich ist nach den ersten Bruchteilen einer Sekunde.
Sepia, Octopus, Kofferfische, Tarpone und vieles mehr versuchen sich mehr oder weniger hinter Korallentürmen und –spitzgebirgen zu verstecken. Sie haben alle keinen Grund uns zu fürchten, weil wir lediglich ihre einzigartige Farb- und Formenpracht visuell genießen möchten.
Längst hatte sich Jürg vom Luftvorrat unserer Gäste einen sicheren Überblick verschafft und unseren Rückweg eingeläutet. Wieder und verstärkt werden wir von einem Tarponpärchen begleitet. Beide weichen kaum mehr von unserer Seite – bis zum Ausstieg! Jungs, Ihr könnt nicht mit uns kommen! Euch fehlen u.a. die Beine zum Laufen! Dann sehe ich noch einen Baby-Octopus sich hinter einem Fels verkriechen. Himmel sind diese Kreaturen geschmeidig anpassungsfähig. Ich lasse von dem armen Kerl ab und richte meine Lampe wieder nach vorn gen Ausstieg. Den Blitzer habe ich schon vor 2 min gesichtet.
Dort angekommen helfe ich Jürg bei der Demontage, um mein Wunderlämpchen unversehrt wieder zu erlangen. Nach Schweizer Manier hat der die Konstruktion für 100 Jahre installiert. Gefühlte 10 min später sehe ich unsere Gäste nicht mehr! Mist!!! Ich schaue beim Demontieren noch um mich und nehme den Schein ihrer Lampen war. Der Tauchgangsguide hingegen verstrickt sich vollends in die Sicherung und Rettung meiner Lampe. Lobenswert wegen meiner Besitztümer doch zweifelhaft für unsere Gäste. Well, ich entdecke den Schein 2er Lampen recht nah der Oberfläche und zeige Jürg die Richtung an. Dort haben wir sie auch bald wieder eingeholt und ich höre Jürg beim Aussteigen schmunzelt reklamieren, dass die beiden einfach weg geschwommen seien und sicher woanders herausgekommen wären. Nun ja….. ;-)
Wieder in der Basis angekommen – 500m die Straße hoch – erhalte ich von dem wartenden Chris die Information, dass meine Kamera dahin sein. Toll! Super! Meine Entspannung wandelt sich in eine kurze Postdepression mit Visionen von Zusatzausgaben für eine neue Kamera. Doch irgendetwas in mir sagt „gib noch nicht auf“! Vielleicht lässt sie sich wieder beleben am nächsten Tag. Lass sie erst einmal trocknen. Aus Erfahrung mit gewissen Fällen aus Berlin und meinen Handies der Vergangenheit weiß ich, dass eine Auferstehung unter derartigen Umständen nicht ganz unmöglich ist. Ich nehme wir 12h Geduld vor – schwierig für das Marianndl, aber unumgänglich.