Friday, February 22, 2013

Sri Lanka - wie die Rundreise weiterging

Nachdem ich in Kandy nun endlich mein Visum in Empfang nehmen durfte und daraufhin den letzten Abend in der Gebirgsstadt verbrachte, trat ich am Morgen um 8:20 die Weiterreise im Zug nach Ella an. Eine Route, die mich weiter hinauf in die Berge führen sollte - vorbei und durch Teeplantagen, Wälder, Gärten, Abgründe, Schluchten, Dschungel, über Brücken und durch Tunnel. In ungefähr 2500 Metern Höhe war die Luft frisch. Als wir den Pass überquert hatten, schlug das Wetter um. Auf der Ostküstenseite ist derzeit noch Nebensaison, weil es täglich regnet. Diese Wettergrenze durchfuhren wir in Höhen um die 2000m. Es regnete und wir hatten dicken Nebel. Ein erstaunliches Bild gab dies ab, etwas unerwartet in Sri Lanka. Doch wie ich später erfuhr, herrschten in den Bergen auch mal Temperaturen um die Null Grad. Im Zug bot sich das typische Bild. Hoffnungslos überfüllte Abteile, ein stiller Kampf um jeden freiwerdenden Platz - Singhalesen drängeln sich einfach an den Platz heran und verharren dort, bis der Sitzende aufsteht, um sich dann währenddessen hinter ihn zu drängen und während der Sitzende noch nicht den Gang erreicht hat, bereits den Platz für sich einzunehmen. Das höfliche Abwarten, bis jemand seinen Platz endgültig verlassen hat, um dann Platz zu nehmen, existiert schlichtweg nicht. Ein Zustand, der auf den Umstand schlechter Reisebedingungen zurückzuführen ist.
Meine Zugfahrt sollte bis Ella führen, von wo aus ich gut in Richtung Südküste weiterfahren konnte. Nach Sigiryia verspürte ich wenig Lust, noch länger in den Dörfern zu verbringen und ohne richtige Schuhe in den Bergen wandern zu gehen. Das hatte ich ja schon vor 5,5 Jahren getan. Also begnügte ich mich mit Zugaussichten durch spektakuläre Landschaft, während ich 4h im Gang sitzend auf meinem Rucksack zubrachte. Der Plan war, dass die Zugfahrt 5h bis Ella dauerte. Doch wer hierzulande reist, sollte auf solche Auskünfte nicht viel geben. Auch Abfahrtszeiten weiß offenbar niemand wirklich. Stets erhält man unterschiedliche Auskünfte, weil offenbar jeder eine Meinung zum Transport hat, aber die Realität nicht kennt. Jedoch hat es bisher immer irgendwie funktioniert. Der Trick ist, sei einfach sehr früh am Bahnsteig, an der Bushaltestelle oder an Kreuzungen in die richtige Richtung. Plane stets ein bis zwei Stunden mehr an Wartezeit ein. Auch nach hinten heraus plane nicht, sonder achte auf das Fahrttempo und die Bedingungen und akzeptiere einfach die Situation. So harrte auch ich unbequem, aber zumindest sitzend auf meinem Viertelquadrat-meter und meinem Rucksack aus und beobachtete, dass der Zug im Schneckentempo von Ort zu Ort schlich und sich die Fahrt ins endlose hinzog. 5h bis Ella? Niemals! Im Zug, bei mir in der 2ten Klasse, befanden sich eine Truppe recht penetranter Österreicher, einige Deutsche, Russen oder Reisende aus angrenzenden Region. Die Mutter der Österreicher übernahm die "Blockwartrolle" und spielte sich peinlichst als Herrscherin der Zugordnung auf und biederte sich lautstark lokalen Familien an und übernahm damit die Folgeplatzverteilung im Wagen, nicht reflektierend, dass einige Deutschsprachige bereits die Augen verdrehten, weil die Dame nicht auszuhalten war. Zum Glück sollte diese Gruppe auf halber Strecke aussteigen, was ca. nach 2 bis 2,5 Stunden hätte passieren müssen. Da die Fahrt nun aber im Bummelzugverfahren verlief - was mir in Ruhe die Möglichkeit einräumte, die Landschaft zu betrachten - mussten wir es so gute 4 Stunden aushalten.

Um der ganzen Unbequemlichkeit noch eins draufzusetzen, drängelte sich regelmäßig ein bullig aussehender Uniformierter der "Railway Protection Force" durch die Gänge - und ich musste ständig meine Sitzposition verlassen, was meinem Rücken nicht wirklich guttat - und gaffte uns Touristen an. Auch sprach er solche ständig an, was seltsam wirkte. Es ging mal um Taschen oder Themen, die ich nicht richtig mitbekam. Da nie Taten folgten, nahm ich an, dass er nur wichtig wirken wollte und sich so gehör verschaffte. Bei mir tat er dieses auf die hierzulande leider ebenso gängige Methode und fragte mich direkt, ob ich Sex mit ihm haben wollte. Singhalesische Männer können sehr respektlos sein, weil die Frau hierzulande ebenso wenig wert ist, wie in angrenzenden Ländern. Dieses Angebot war eine erniedrigende Unverschämtheit und ich hätte ihm am liebsten Bescheid gegeben. Doch besser, man verhält sich ruhig und antwortet korrekt. Als Reisende ohne wirkliche Rechte, die sich vielleicht im Ton vergreifen, kann der Aufenthalt sonst schon mal bei den Behörden enden. Ich verneinte also einfach bestimmt und hoffte auf ein baldiges Ende dieser Höllenfahrt. Wie können die Menschen hier Vertrauen in das System haben, wenn sich Staatsbeamte derart verhalten? Meine Stimmung verdunkelte sich weiter. Es reicht schon, dass Männer hier unaufhörlich starren oder Sprüche ablassen. Aber das jetzt ging zu weit. Im Nachhinein erfuhr ich, dass ich mir hätte seinen Namen, Dienstnummer und bestenfalls ein Foto besorgen können und ihn der Polizei oder dem Bahnhofsvorsteher anzeigen können. Das nächste Mal würde ich das tun.

So schaukelten wir also weiter durch die steilen Berge und irgendwann ergatterte auch ich einen Fensterplatz und zückte meine Kamera. Neben mir saß ein Chinese mit Benehmen und ich fühlte mich sicher abgeschirmt von Unannehmlichkeiten lokaler Männer. Für den Rest der Fahrt schoss ich Fotos, leerte meine Snackbestände und stellte fest, dass eine Weiterfahrt zur Küste heute nicht mehr möglich war. Wir waren spät dran. Nicht die angekündigten 5 Stunden, sondern ganze 7,5 Stunden - sprich den ganzen Tag brauchte dieser Zug für eine Distanz von vielleicht 90-100km. Eine ganz normale Zugfahrt in Sri Lanka, wo der Stand der öffentlichen Technologie im Jahr 1914 stehengeblieben war. Ist ja auch ein Erlebnis. Aber angenehm und bequem ist das Reisen nicht, sondern nur beschwerlich und sehr anstrengend. So mussten sich unsere Ahnen gefühlt haben, wenn sie zwangsläufig einmal von A nach B mussten.


Irgendwann gegen 5 Uhr erreichten wir also Ella, wo alle Backpacker ausstiegen und schnurstracks richtig Ortskern ausschwärmten. Ich begriff, was nun folgte. Aufgrund der fortgeschrittenen Tageszeit hatte jeder nur eines im Sinn, ein bezahlbares Zimmer zum Übernachten zu finden. Ich versuchte einige Angebote, lehnte eines wegen des Preises ab und landete dann in einem günstigeren - jedoch dem bisher ungepflegtestem Loch, dass ich hier bezogen hatte - und ärgerte mich ein wenig. Doch für eine Nacht sollte es gehen. Duschen, umziehen, Essen und schnell noch online gehen - free WIFI gibt es mittlerweile an Touristenorten fast überall. Und Ella war ein Touridorf, wie es im Buche stand. Gewusst habe ich davon nicht. Es sah dort aus, wie in einem Bergdorf in den Alpen mit kleinen Läden, Restaurants und Zimmerfreischildern. Nur das die hiesige Ausgabe um ein vielfaches schäbiger und verdreckter ausfiel. Nach dem Abendessen draußen mit Bier und Internet freute ich mich auf die Nachtruhe. Mein Morgenbus sollte um 6.30 abfahren, was mir gelegen kam. Ich wollte hier schnell weg Richtung Meer.


Morgens um 6 in Ella an der Kreuzung - es war noch dunkel - fragte mich ein Ladenbesitzer, wohin ich wollte. Ich war die Erste auf der Straße, die meisten Geschäfte waren noch geschlossen. Ein wenig später kamen 2 Wanderer vorbei. Nachdem ich ihm mein Ziel "irgendwohin Richtung Süden zur Küste", nannte einige Beispielorte, eine größere Stadt an der Küste, und erklärte mir, der Bus würde um 7.15 Uhr abfahren. No way! Ich war locker eine Stunde zu früh dran?! Schon wieder eine Fehlinformation. Egal. Hier saß ich nun und ließ mir eine Kokosnuss zum Frühstück geben, kaufte mein Wasser für die Reise und einige Bananen. Das sollte reichen. Der Ladenbesitzer fragte mich nach einem Euro, seine Tochter würde Geldnoten sammeln. Ok, ich bezahl ihn also mit einem Euro. Kein Problem. 

Später kam er zu mir und fragte mich nach der Bezahlung der Artikel. Klasse! Grad hatte ich ihm mehr Geld gegeben, als die Dinge kosteten und er wollte nun auch noch Rupien. Ich sagte ihm, dass ich ihm bereits einen Euro gegeben hatte und jetzt nicht nach noch mehr Geld fragen könne. Doch aus seiner Sicht war der Euro ein Geschenk. An diese Einstellung hierzulande gewöhnt gab ich ihm noch etwas in der Landeswährung, aber nicht die volle Summe. Wir Touristen sind schließlich keine fetten Gänse, die man hemmungslos ausnehmen kann. Die Bettelei und das Aufdrängen der Händler und Tuc Tuc Fahrer ist eine wirklich unangenehme Seite der Menschen hier. Doch daran gewöhnt man sich auch irgendwie. Reisende hier sollten immer wachsam verhandeln und Preise nie einfach akzeptieren. Während ich so meine Kokosnuss leerte und mir Gedanken machte, wann ich wohl hier wegkommen würde, hielt um 6.30 Uhr ein Bus gegenüber. Kurz überlegt ging ich zum Fahrer und fragte ihm nach dem nächstgelegenen größeren Ort Richtung Süden. Bingo! Genau dort fuhr er hin. Während ich mit meinen Taschen den Bus stürmte rief der Verkäufer hinter mir her, das sei der falsche Bus. Wie auch immer. Mir war klar, dass ich den "langsamen Bus" und nicht den Long-Distance-Höllenbus nahm. Mir war das recht, weil die nächste halbe Stunde nur bergab ging - über Straßen ohne Randsicherungen....

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