Saturday, March 03, 2012

Frei auf dem Roller um Cozumel!


Mit meinem blauen Mietroller erreichte ich nach 2 min vom Chedraui-Parkplatz in St. Miguel die Westküste, die mein geliebtes Meer vor mir sichtbar werden ließ! Ich bog links ab und fuhr südlich die Küstenstraße hinunter. An diesem ruhigen Morgen bei strahlendem Sonnenschein sollte alles zum Besten laufen. Der Roller brummte zuverlässig die Landstraße herunter und ich übte zuerst etwas unsicher, die Richtung in den Kurven zu verändern. Nach einigen Geradeausfahrten in denselben hatte ich den Dreh der Gewichtsverlagerung raus und ich drohte nicht mehr unter Vollgas in den Dschungel zu fahren. Gar nicht so einfach wie ich dachte... wie peinlich. Mein Bruderherz würde sich ausschütten vor Lachen bei dem Anblick, gell?? Und zu Recht... Andererseits, Übung macht eben den Meister oder die Meisterin - ist wie beim Tauchen, Segeln, Fahren, Fliegen und anderem Schönen. Nach einer Zeit klappts reibungslos und reift zur Kür...

Die Westküste ist teilweise mit Resorts, Strandbars oder anderen Tourismusbetrieben oder sogar der einen oder anderen Hacienda bebaut. Anders als an der Rivera Maya, an der ich arbeite, kommt Ottonormal auch immer ohne Resorteintrittspass an den Strand, weil Cozumel ein entspanntes Island mit nur wenig Tourismus ist. Die Kreuzschifffahrt, mexikanische Marine sowie Fischer, Segler, Ausflugsboote und Tauchboote nutzen die Küste als Ausgangspunkt und Anlegestelle.

Ich lasse den bebauten Inselabschnitt an mir vorbei ziehen, weil ich die Hotellandschaften leid bin und endlich Natur sehen will. Da Yucatan platt wie ein Pfannkuchen ist, bietet Cozumel mir ebenso flach Dschungel zu meiner Linken und Dschungel zu meiner Rechten. Keine Berge, Flüsse, Schluchten, Wasserfälle oder heiße Quellen wie auf meiner Lieblingsinsel Dominica würde ich vorfinden - hatte ich allerdings auch nicht erwartet. Das machte die Angelegenheit einfach und ich konnte mich auf schöne Küstenabschnitte mit ihrer Beschaffenheit konzentrieren sowie laut meiner Karte auch einmal ins Inselinnere fahren, um mir vermeintliche Mayaruninen anzusehen. Sollte es hier tatsächlich Pyramiden geben? Wär ja mal ganz was neues....
     Schaue ich doch einfach mal und biege nach El Cedral ab. Die gerade Straße führt mich durch den grünen Buschdschungel vorbei an vereinzelten Ranchen - teilweise verlassen, teilweise als Pferderanch betrieben - hin zu kleinen Pensionen und zu einem Dorf, dass vor lauter Ruhe wie verlassen wirkt. Mit meinem knatternden Roller fühle ich mich wie ein Eindringling und sage mir, dass die Leute die Touris schließlich gewohnt sind und selbst auch Roller und Autos fahren. Aber es ist eben Sonntag.... Im Dorf suche ich nach der vermeintlichen Pyramide und erfahre recht bald vom örtlichen Straßencafébetreiber, dass es diese nicht gibt, sondern es sich um eine Legende örtlicher Landkarten handelt. Lediglich eine Miniruine neben der christlichen Kirche war noch zu bewundern, die sich aber nur in etwa 3x4m im Quadrat und ca. 3m in die Höhe erstreckte. Naja, während ich aus meiner Kokusnuss mit Chilipulver und Limonensaft naschte, dachte ich mir, wenn ich schon mal da bin, kann ich auch mal die 100 Schritte über die Straße laufen, um mir die alten Steine anzusehen. Wie man hier unschwer erkennen kann, habe ich mit Kirchenbesichtung ca. 10min für meine Besichtigung investiert und mich dann wieder knatternd davongemacht - zurück durch den Dschungel zur Küstenstraße, dem Ruf des Meeres folgend....

Im Süden erstreckt sich mir nun ein wunderschöner Strand, der gen Ostküste immer wilder wird - gemischt mit schneeweißen Pudersand und Limestoneuntergründen, die scharfkantige Löcher von den hereintosenden Wellen und Blowholes hervorgebracht haben - ähnlich wie ich es von Bonaire kenne. Die Küstenlinie ist wesentlich ungezügelter, natürlicher und ungebändigter als die brave Westküste, die dem Festland zugewandt liegt. Im Osten gibt es kilometerlange weiße Strände und fast optimale Surfabschnitte! Einmal jährlich veranstaltet die Insel ein berühmtes Kitesurffestival, dass Kiter aus aller Welt zusammentrommelt und hier Campen und Surfen lässt. Ein Woodstock der Kitesurfer sozusagen. Doch momentan ist es ruhig hier.

So fahre ich weiter und weiter, stoppe hin und wieder, um Halt an einigen traumhaften Strandabschnitten zu machen und mich in die eine oder andere Hängematte zu legen - übrigens ein in Mexiko offizielle etabliertes Wohnmöbelstück. Kein Mensch stört mich, während ich auf das Meer schaue oder einfach nur im Schatten unter dem Verschlag der Strandbar vor mich hindöse. Niemand drängt mir eine Getränk auf oder jagt mich davon, weil ich nichts bestelle. Ist das nicht herrlich entspannt hier ?! Nach ca. 1h entschließe ich mich zur Weiterfahrt - etwas unsicher der Strecke, die noch vor mir lag an meinem einzigen Miettag. Um 5 musste der Roller wieder in der Mietstation sein und ich vorher bei Remco und Marijke im Resort, um den Schlüssen abzugeben und zurück. Damit blieb mir nicht allzuviel Zeit an diesem freien Tag. Also ging ich zur Straße. Plötzlich hörte ich meinen Namen! Ich drehte mich um und sah Alexa am Strand auf mich zukommen. Achnee, bist Du auch hier? Und wo warst Du gestern? Kurz tauschten wir die News aus und ich machte mich wieder auf den Weg. Sie war mit ihrer Tochter und Freunden aus Ungarn unterwegs und ich wollte meine Rundfahrt erleben.



Noch einen weiteren Stop für einen Snack mit einem echt aufdringlichen Kellner - für mexikanische remote-Verhältnisse jedenfalls - und ich erreichte St. Miguel vom Inselinnern aus dem Dschungel. Auf der Geradeausstraße begegnete mir noch eine völlig verwarloste und verängstigte Hündin ohne jegliches Fell mehr an ihrem zerschundenen und von blutenden Wunden übersähten Körper. Ich fuhr an ihr vorbei und traute bei dem Anblick meinen Augen nicht. Sie lief in glühender Hitze mitten auf der Straße mir entgegen und ging auf Abstand, als sie mich erblickte. Was für ein Schock! Ich fuhr weiter und konnte den Blick nicht mehr aus meinem Kopf bekommen. Ich hielt an. Mein Gewissen verbot mir, einfach weiterzufahren.

Umgedreht und langsam zurückgefahren wollte ich irgendetwas tun, um ihr Leiden zu verkleinern. Doch was konnte ich tun? Mitnehmen war nicht. Sie war so scheu, dass ich sie nie hätte packen können. Das arme Geschöpf. Also entschied ich mich, ihr Wasser zu geben - das einzige was ich tun konnte. Leider hatte ich keine Schüssel oder ein Gefäß dabei, sondern nur meine Flasche. Da sie sich nicht einmal in meine Nähe traute, schüttete ich 3/4 meines Flascheninhalts einfach auf den Asphalt und fuhr ein Stück weiter.

Erst als ich weit genug entfernt war, lief die Kleine und schlappte das Wasser vom Asphalt. Sie war extrem verschreckt und ich wollte mir nicht detailiert vorstellen, was ihr passiert war. Ich fühlte mich nicht wirklich besser als ich wegfuhr, was ja auch nicht Sinn der Sache war, sondern überlegte mir traurig, was ich hätte tun können. Es gibt viele solcher Geschöpfe hier und ich darf in Playa kein Tier halten. Auf die Fähre wäre sie sicher nicht mitgekommen. Also verdrängte ich den Gedanken, dass sie sicher bald sterben würde müssen, wenn ihr keiner helfen würde. Wie traurig....

No comments:

Post a Comment