Friday, September 25, 2009

Und jetzt mein erster Tauchgang mit Gästen….wieder uhuhuu!


Die beiden Österreicher hören mir erwartungsvoll zu, wie ich die Insel erkläre. Eine Insel die ich nicht kenne und die Tauchplätze bestimme, an denen ich noch niemals getaucht bin. Divemaster und neu zu sein, bedeutet so kompetent aufzutreten, als ob man schon jeden Fisch beim Namen nennen könnte und dabei die eigene totale Ahnungslosigkeit zu 100% durch eine sympathische Allwissenheit überspielen zu können. Als das widerspricht meinem Anspruch authentischer Kommunikation. Doch gleichzeitig geht es konform mit glaubwürdigem Geschichtenerzählen in professioneller PR! Und da sind wir wieder ganz nah beieinander, mein Erzählerherz und mein Beruf! Geht doch!


Lange Rede – schnelle Umsetzung. Kurzerhand finde ich mich auf der Rückbank des Pickups meiner Gäste wieder, die das Fahrzeug sicher zum Tauchplatz „Windsock“ leiten. Mein erster Job als Tauchguide! Ein wenig aufgeregt bin ich anfangs, drücke dies aber weg und konzentriere mich während des Gesprächs im Wagen auf den Einstieg. Bonaire ist fast gleichmäßig von einer Riffkante umgeben, die meistens ab einer tiefe von 6-8 Metern beginnt. Jeder Tauchplatz ist mit einer Signalboje für den Ab- und Aufstieg markiert, so dass jeder Taucher auch dort wieder auftaucht, wo er seinen Wagen geparkt hat. Dies macht das Revier beinah kalkulierbar und verringert die Wahrscheinlichkeit sich zu vertauchen um gen 99 %.


Am Straßenrand erscheint der der gelbe Stein mit der Aufschrift "Windsock". Jawoll! Hier parken - genau. Wir steigen aus und ich erkläre kurz, wie und wo wir ins Wasser einsteigen, um dann an der Boje abzutauchen. Das türkise Wasser im Flachbereich wirk magisch anziehend. Man will nur noch darin herumschwimmen und nicht mehr aussteigen.


Wir ziehen und fertig an, lassen das Auto offen stehen (Autoeinbrüche und Diebstähle sind auf Bonaire an der Tagesordnung), laufen wenige Schritte auf knackendem Korallengeröll an den Flachwasserrand und steigen über tischartige Korallengesteinsblöcke ins Wasser. Bis zur Boje sind es ca. 50m in Rückenlage und wir gehen runter. Ich führe meine Gäste an die Riffkante und gehe am Riff nach rechts. Zuerst gehen wir langsam auf 30m nahe dem Sandgrund und erkunden das bunte Leben in den Meeresgärten. Upps?! Was ist das? Vor uns am Hang zur Rechten liegt malerisch eingebettet ein ca. mit 2m Durchmesser und 1,20 m Dicke beschaffener LKW-Reifen! Nein, dies ist kein mit Absicht versenktes Objekt am Tauchspot, sondern deutet schlicht auf Bonairer Entsorgungsphilosophie hin. Wir tauchen weiter! Neben den üblichen Bewohnern in unserer aktuellen Umgebung wieder ein Upps: der Bruder des ersten LKW-Reifens! So ganz allein macht es sich auch dort unten nicht so gut. Und immer nur Korallen ist ja auch langweilig, oder?? Plötzlich wird mir bewusst, dass ich an der Boje doch vielleicht hätte links abbiegen sollen, um dem Schiffsanlegesteg und seinem Industrieabfall nicht in die Arme zu tauchen. Peinlich das. Aber es ist ja nicht mein Abfall und meine Gäste sehen so auch etwas von der Realität.


Nach 100 bar bei Frau Austria läute ich langsam den Rückweg ein und steige auf ca. 18-12m. Wunderschön! Direkt hinter mir gleitet ein Barracuda vorbei und schwimmt parallel zur Kante. Im tiefen Blau hinter uns ist sonst nichts anderes Spektakuläres unterwegs und ich konzentriere mich darauf, die Unterwasser-Hinweise zum Ausstieg nicht zu verpassen sowie auf meinen Luftverbrauch. Johannes und Ines - meine Gasttaucher, die gerade von Curacao eingeflogen sind - liegen meistens konzentriert vor den Korallen, um einmalige Ansichten mit ihrer professionellen Kamera einzufangen. Ich schaue, dass ich etwas weiter nach oben gelange, um meine Bewuchskennzeichen ausmachen zu könne, die mich in Richtung Ausstieg führen würden.


Nach weiteren 50 Bar sehe ich plötzlich den Betonklotz, an dem die Boje von Windsock befestigt ist und atme auf. Geschafft! Ich habe den Ausstieg gefunden, ohne Unsicherheit und Suchen. Einfach am Riff entlang - hin in größerer Tiefe und zurück in geringerer Tiefe bis Du in 6-9m Deine Ausstiegszeichen wieder erkennst. Das scheint hier nicht allzu kompliziert zu sein. Wunderbare Erfahrung - nachdem ich gerade eine Woche im Land bin! Ich freue mich und überlege, wie es wäre, fast täglich Tauchgänge zu führen, ohne weitere Lehraufgaben zu haben. Diese Vorstellung gefällt mir gut .... dahinter müsste nur eine entspannte Basis stehen... Aber daran arbeite ich ja erst einmal noch :-)

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