Saturday, March 20, 2010

Wahre Schönheit...und Abenteuer IV !








Sonntag um 14 Uhr bei Lac Cai an der Ostküste stehe ich mit Willem allein am Einstieg und prüfe meine Ausrüstung für unsere Fun-Tauchgang durch den kurzsichtigen Tarpontunnel hin zum Ostküstenriff. Weil er beim letzten Mal seine Gruppe verloren hat und alle einzeln zusammensammeln musste und wir das Riff nicht betaucht hatten, will ich diesen Platz endlich sehen und freue mich, mit ihm allein den Tauchgang machen zu können. Mit meiner Kamera bewaffnet bin ich bestens für selten zu sehendes vorbereitet.

Tarpone umgeben uns im Nebel. Wir schwimmen durch ca. 4 Sichtmeterweiten 10min über Sand und leichten Algenbewuchs. Die Strümung schiebt uns hinaus aus der Bucht in Richtung offenes Blau. Fast ohne Einsatz eigener Kräfte erreichen wir mit den Wellenbewegungen die Riffkannte. Augenblicklich verwandelt sich das neblich graue Wasser in ein klares blaues indigofarbiges. Vor mir, unter mir und um mich herum tun sich blühende Korrallenlandschaften auf und ich lasse mich hinab in diese bunte Welt sinken, wo ich mich bei erstmal 20 Metern austariere und beginne mich umzuschauen. Willem und ich verlagern unser Gewicht nach rechts um das Riff auf dieser Seite entdecken zu können. In einem von Wellen und der Strömung bewegten Unterwasserwelt wiegen wir uns durch Korallendowntown! Die Formationen, die Schwebeteilchen und die steile Wand spricht für ein bewegten Leben an dieser Ecke!

Dann geht es Schlag auf Schlag! Ein lautes Klackern von einem Shaker lässt mich abrupt drehen und über meine rechte Schulter nach oben sehen. Willem signalisiert mir seine Entdeckung. Eine große grüne Muräne! Schon wieder !!! Was für ein Glück! Kaum Fotos gemacht und den Blick in die Untiefen gerichtet, werden wir ca. 10m unter uns von einem Adlerrochen überholt. Wie ein Raumschiff schwebt er leicht wie eine Feder aber zielstrebig wie eine Rakete mit wogenen Bewegungen eines eleganten Kranichs durch das endlose Indigoelement als ob es Luft wäre.








Dieser Anblick brennt sich stets für immer in Dein Gedächtnis. Eines der schönsten Wesen im Ozean für meinen Geschmack schwebt ohne jeden Anspruch auf Territorium oder Profilierung lautlos und vollkommen zurückhaltend mit doch einer so eindeutigen ästhetischen Präsenz durch diese in sich abgeschlossene Welt von Unendlichkeit und Verletzbarkeit.

Was dann folgt, ist einfach nicht mehr unter typisch für meiner bisherigen bonaireanischen Taucherlebnisse einzustufen. Erst eine dann zwei und zwei weitere grooooße grasgrüüüüüüne Muränen von jeweils 2,50m. Ich schaute schon fast nicht mehr hin zuletzt, weil anderes mich ständig ablenkte! Gerade nähere ich mich langsam und vorsichtig einem stattlichen Exemplar, um einige Fotos von ihr zu versuchen, bis kurz vor ihr Gesicht, als ich Willems Shaker aufgeregt hinter mir höre. Als ich mich drehe, zeigt er mit seinem ausgestrecktem Arm und großen Augen auf die Muräne. Ja! ich will sie doch gerade fotografieren - telepatiere ich mit Unverständnis zurück. Er lässt nicht ab und zeigt und zeigt und zeigt! Nun sehe ich, dass sein Arm nicht auf die Muräne sonder hinter ihr gerichtet ist. Ich drehe mich und stelle fest, dass ich direkt vor einer Riesenschildkröte von ca. 1m schwebe! Nicht gesehen! Ist das zu fassen!! Ja, weil ich mich mit meiner Kamera vor dem Gesicht voll auf den giftgrünen Riesenaal fixiert hatte!

Wow! Was fotografiere ich zuerst??? Ich richte mich auf die Schildkröte, die sich kurz nach ihrem Entdecktwerden regt und aus ihrem Kroallenbalkon gleitet. Wir stören sie. Ich ergreife die Gelegenheit und lichte sie ab so gut ich kann: von oben, der Seite, nah am Körper, am Kopf, von hinten, ohne ihr zu nahe zu kommen - hoffe ich. Aber wir Taucher sind immer zu nah in solchen Situationen. Manchmal fühle ich das schlechte Gewissen, wenn ich in die Welt der Unterwasserlebewesen eindringe und Löcher in sie starre. Ich bin ein Fremdling, ein Störenfried, ein brutal großer Eindringling, der die Welt da unten in Angst und Schrecken versetzt. Auch mein Drang, an Land über diese Schönheit zu berichten, entschuldigt meine Invasion nicht. Meine und die Millionen anderer Tauchbegeisterte. Wieviel machen sich wohl Gedanken über ihre Verantwortung an der Schädigung der Weltmeere und ihrer Bewohner?

Ich blicke unter mir in die Untiefen. Der Glückstauchgang nimmt seinen Lauf. Aus der Ferne schwebt ein Adlerrochenpärchen auf uns zu - unterhalb unserer Positionen. Es bewegt sich mit absolut unbemerkbar hoher Geschwindigkeit, in der nur ca. 1-2 Minuten Zeit für das Fertigen digitalen Bildmaterials bleiben. Bevor wir uns versehen, sehe ich die fliegenden Erscheinungen von ihren Rückseiten, wie sie in ferne Meeresschwaden eintauchen und ihre Formen lediglich als schemenhafte Schatten entschwinden.


Willem und ich wissen nicht, wohin wir zuerst schauen sollen. Rochen, Schildkröten (es kamen noch weitere vorbei), Muränen, Blowfishes, Riesenpapageien, Jackfisch, Tarpone im Tunnel, dann eine riesige Languste und ungewöhnlich vieles mehr machen diesen Tauchgang für uns zu einer wahren Begegnung mit der Schönheit und des seichten Abenteuers!

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