Friday, September 09, 2011

Schattenseiten des Weltenbummelns...

Jeder denkt immer erst einmal, dass Du entweder auf der Flucht bist, keine Verantwortung übernehmen willst oder nur "Partymachen" willst in Deinem Leben, wenn Du Dich für das Weltenbummeln - das "eigentliche" Reisen entscheidest. Deine Bekannten schauen Dich oft schief von der Seite an und möchten es Dir vielleicht gern nachahmen, wenn sie ehrlich wären. Oder fühlst Du es selbst so, weil Du dieser Annahme bist? Jedenfalls wäre all dies verständlich und nachvollziehbar. Damit kann ich auch leben. Lasst mich eines sagen: Welche Gründe es auch immer sein mögen, die einen zum Reisen treiben und Dich in die Ferne ziehen - sie sind so vielfältig wie die Länder und Kulturen die wir bereisen. Gründe gibt es viele. Jeder kann es für sich selbst entscheiden und wissen, warum er diesen Weg gehen möchte. Meist liegen Ursachen tiefer als vermutet. Wie auch immer - was sich aber jeder Beobachter bewusst machen sollte, ist die "andere Seite" dieser Lebensart. Diese Seite heißt oft Einsamkeit. Was sich Bekannte, Freunde, Kollegen, Familienmitglieder etc. nicht vorstellen können, ist auch die traurige Seite eines Travellerlebens oder eines Lebens mit Travelling-Abschnitten.

Diese traurige Seite ist eine melancholische und sehnsuchtserfüllte, die in stillen Minuten schmerzhaft an die Oberfläche dringen kann. Was ist es, dass das Weltenbummeln so finster machen kann manchmal.... Es ist ironischerweise die wunderschöne Tatsache Deiner zahlreichen Kontakte, die von Zeit zu Zeit jedoch zu einer schmerzvollen Einsamkeit wird. Man kann sie nirgendwohin mitnehmen. All die faszinierenden Begegnungen und Freunde - manchmal entstehen echte Freundschaften unterwegs  und in Einzelfällen Freundschaften für das Leben - sind in Deinem Herzen, jedoch nie an Deiner Seite, wenn Du unterwegs bist. Das Positive kehrt sich um, wenn Du an einem neuen Ort Deine Freunde herbeiwünschst oder sie einfach nur vermisst. Du möchtest zum Telefon greifen und einfach nur belanglos quasseln und quatschen. Doch sie sind in der Welt verstreut und leben vielleicht in anderen Zeitzonen. Und das sind die Kontakte und Freunde, die Dir beim Reisen am nächsten stehen. Sie teilen Deine Emotionen und Deine Begeisterung für das Weltenbummeln. Sie verstehen Dich besser als andere Freunde. Dennoch sind auch Deine Freunde zuhause eine wunderbare Basis, die Dir Wärme und Güte verleiht - an die Du Dich immer gern erinnerst, grad wenn Du einmal keinen guten Tag "im Paradies" hast. Und wieder willst Du einfach nur zum Telefon greifen und kurz "durchklingeln". Über Kontinente und Zeitzonen hinweg ein No-Go. Also zieht man sich zurück und schwelgt in Erinnerungen.

Das gleiche passiert Dir mit der Familie. Du kannst nicht mal kurz bei den Eltern, den Geschwistern oder Nichten und Neffen vorbeifahren und mit ihnen zusammen ein BBQ abhalten. Sie leben in einer anderen Welt und einer anderen Zeit.

Dieses Bewusstsein erfüllt mich mittlerweile - jetzt im Alter von über 40 - mit Traurigkeit. Ich spüre die Nähe zu meiner Familie, die Wurzeln, die Bindung und den Wunsch, mehr Zeit miteinander zu verbringen bzw. sich miteinander austauschen zu können. Doch die Möglichkeiten sind rar und eingeschränkt. Übrigens ist dieses Gefühl gewachsen. Auf den letzten Reisen war es eindeutig entweder nicht vorhanden oder nur sporadisch spürbar. Es liegt wohl auch am Älterwerden. Man macht sich immer mehr Gedanken um die Familienbande und Situationen der Freunde. Unterwegs wird einem dann schnell bewusst, dass man räumlich überhaupt keinen Zugriff hat und fragt sich, wo bist Du? Was machst Du? Wo ist Dein Zuhause? Ja, dort wo Deine Wurzeln sind? Oder, dort wo Deine Freunde sind? Nun ja, die sind überall! Nicht nur die Freunde, sondern auch die Wurzeln, die man auf seinen Reisen schlägt. Welche soll man nun für sein Zuhause erklären?

Du kannst Dich nicht entscheiden und Deinen Platz finden. Ich fürchte fast, dass ich immer auf der Suche sein werde und vielleicht immer mehr vermissen werde. Je größer der eigene Aktionsradius wird, desto kleiner wird möglicherweise Dein Handlungsspektrum. Denn Du weißt nicht mehr, wo Du was anfangen sollst. Es hat etwas von Sichverlieren. Dabei verliert man auch sein Umfelt und vielleicht einige Freunde. Oder filtern sich so auch die Kontakte in "echte Freundschaft" und "Bekanntschaft"?

Was außerdem bleibt, ist das Gefühl eines fehlenden Ziels. Wo führt die Reise hin? Was erwartet mich als nächstes? Für mich ist eines inzwischen klar: Je mehr man reist, desto mehr Möglichkeiten eröffnen sich dem Denken. Aber über der großen Auswahl kann man keine wirklich konkrete Richtung mehr einschlagen. Die Eindrücke sind so vielfältig, dass sie einen in neue ungeahnte Richtungen bringen, die wiederum neue Kontakte mit sich bringen. Das ist an sich eine wunderbare Sache :-). Doch weiterhin fehlen Dir Deine bisherigen Kontakte, die Freundschaften die Familie zum Reden - ganz direkt abends am Meer sitzend oder auf dem Balkon bei einem Glas Wein. All diese Menschen, Lebensweisen, Situationen, Erinnerungen verteilen sich in Dimensionen von Zeit und Raum, durch die man zu seinen eigenen Lebzeiten huscht. Das Weltenbummeln hat auch seine Schattenseiten - es hat eben eine positive und negative Seite - wie alles andere im Leben auch....

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