Es sollte ein schöner Nachmittagstauchgang an meinem Lieblingstauchplatz Daravandhoo werden. Die Sonne schien, was war windig, die Konditionen schienen gut zu sein. Auf dem Weg erkannten wir jedoch bereits auf der Oberfläche stetig unregelmäßige Verwirbelungen, die für stärkere Strömungen sprachen. Nun denn, Strömungen sind in Ordnung, nur ärgerlich, wenn man sie von vorn hat. Doch mich schrecken diese nicht, sondern machen eher Spaß! Also mache ich mich mit Kalhara zum ersten Spaßtauchgang nach seiner heutigen Brevetierung auf und springe ins Blau. Gleich zieht es uns über die Sandfläche hin zur Riffkante. An diese anschließend lassen wir uns an der Riffwand absinken, um dem Sog zu entgehen. Ein gemütlicher Drifttauchgang beginnt. Überhänge, Riffbrocken, Sandflächen, Spalten, Erhebungen und ewiges Blau allerdings durchmischt mit aufgewirbelten Sand, der die Sichtweite erheblich einschränkt.
Plötzlich hören wir einen Tankbanger energisch signalisieren. Da dieser nicht aufhört, entscheide ich mich ihn nicht zu ignorieren und signalisiere meinem Buddy, diesem nachzugehen. Wir steigen etwas auf, um über die Kante zu schauen. Dort erkenne ich erst eine liegende Person mit dem Rücken zu uns gekehrt. Davor einen bewegenden Taucher, der mit etwas am Untergrund beschäftigt zu sein schien. Vielleicht ein Rochen? Oder zwei? Oder noch etwas spannenderes? Es sollte etwas aufregendes sein - und nichts, was zur Freude veranlasst. Ich erkannte Alex, der versuchte, eine beachtliche Schildkröte aus einem Netz zu befreien. Oh mein Gott! Die Arme war in einem großen Stück Fischernetz gefangen und konnte sich nicht mehr allein befreien! Es war ein furchtbarer Anblick in dieser Sekunde und ich trat in die Flossen, was ich konnte! Verdammt, ich hatte meine Kamera mit und somit meine Hände nicht frei. Die Taucherin von Alex hatte alle Hände voll mit dem Festhalten, ihrer Kamera und der Lampe von Alex. Ich drehte mich und gab die Kamera Kalhara. Sofort eilte ich zu Alex, der mir die Frage nach einem Messer signalisierte. Ich musste verneinen. Kein Messer mehr. Denn dieses wurde mir in Mexico gestohlen! Also begann ich zu tasten und zu untersuchen, wie die Schildkröte in einer dicken Angelschnur mit 2 Flossen stranguliert war und in der Strömung hing, sich vollkommen festgezogen hatte und sich ihre Flossen abschnürte!! Es sah hoffnungslos aus und ich spürte einen Verzweiflungsweindrang aufkommen. Doch der konnte dem Tier auch nicht helfen. Also überlegte ich nicht lange. Kalhara hielt das eine Netzende, Alex hielt die Schildkröte am Panzer, ich sauste ans Riff und begann, das andere Netzende und die Schnur aus den Korallen zu brechen, so schnell ich konnte! Irgendwie gelang es recht gut - allein hätte sie dies nie geschafft! Auch Alex allein hätte dies nicht geschafft. Alle Drei flogen wir nun mit der Strömung ins Blau - in den Händen die im Netz gefangene 1m große Schildgröte - und begangen, dass Wirrwarr um ihre Flossen zu entwirren.
Ich fühlte vorsichtig um die Flosse, bevor ich die Schur versuchte zu lockern, um festzustellen, ob diese sich schon ins Fleisch eingeschnitten hatte. Doch die Flosse war lediglich stark eingeschnürt, was schlimm genug war. Irgendwie gelang es uns also, die Schnur und das Netz zu lösen und die arme Schildkröte komplett zu befreien. Als sie bemerkte, dass sich nicht mehr gefangen war und wir sie zwar am Panzer hielten, aber Ihr nichts taten, lag sie für 3 Sekunden wie regungslos im Wasser. Oh Schreck! War sie jetzt doch gestorben? Nein, es sah für mich wie ein Schock aus, von dem sie sich erholen musste. Alex erkannte schneller als ich, dass es jetzt wichtig war, sie an die Oberfläche zu bringen. Also schob er sich nach oben und ich auch ein Stück. Und siehe da, sie fing an selbst zu paddeln und strampelte sich frei gen Wasseroberfläche! Gott sei Dank! Wir waren so erleichtert und so gerührt!! Das gab doppelt High 5! Unsere Hände klatschten zusammen und wir freuten uns wie verrückt. In dem Moment drehte Alex und strampelte zurück zum Riff, um seine Taucherin abzuholen. Ich bewegte mich mit Kalhara in die gleiche Richtung und sah links das riesige Netz davontreiben. Wieder nicht lang überlegt, trat ich in die Flossen, um das Ungetüm an mich zu nehmen. Kalhara übernahm und nahm mir das Netz ab, während ich die Kamera transportierte. So kam hoffentlich alles in Ordnung. Die Schildkröte schwamm zum Atmen, wir beförderten das Netz aus dem Wasser, nachdem wir den Tauchgang beendet hatten und hatten alle drei eine gute Tat vollbracht! Was für ein Erlebnis..... Unnötig zu erwähnen, dass der Befreiungskampf uns einige Bar an Luftvorrat gekostet hatte.... ;-)