Tuesday, February 21, 2017

Dominica nach 5 Monaten Aufenthalt - Ein Austausch gleicher Seelen

Zeit. Was ist Zeit? Zeit ist nicht real, wusste schon Einstein und wer weiß, wer noch. Zeit in Dominica ist mehr als im Überfluss vorhanden. Wo, wenn nicht hier, lernt der Ausländer besser Geduld? Dominica ist einfach da und ich als Einwanderin darf sie lernen, diese grüne Insel der Extreme. Sie kostet Nerven, viel Zeit und schmerzlich viel Geduld. Nichts ist selbstverständlich. Aussagen bedeuten nichts. Alles ist ständig im Fluss und nichts steht fest. Nichts scheint unter Kontrolle. Wie auch die Natur nicht kontrollierbar ist.

The Nature Island Dominica ist wie die Natur: stetig, jeden Moment im Wandel. So sind es auch ihre Bewohner. Kommunikation ist fließend und bedeutsam bedeutungslos. Stetigkeit und Festigkeit scheinen keine Existenzberechtigung zu haben - wie die Natur eben auch nie feststeht. Ist dieser Fluss der Grund, der mich auf die Insel geführt hat? Denn was Dominica mit uns macht, ist uns lehren, alle Erwartungen und Planungszwänge loszulassen und jeden Moment offen zu sein für Unerwartetes - einfach das Leben. Die Menschen nehmen die Dinge wie sie kommen und ich lerne, mein Bedürfnis nach Beständigkeit loszulassen. Obwohl ich das nie wollte. Doch die Natur hier lehrt es mich und ich muss mich beugen. Denn ich lebe hier. Es zeigt sich schon beim Busfahren. Den Fahrstil der Fahrer ändert niemand. Meine Wahl war die, ihn einfach fahren zu lassen und darauf zu vertrauen, dass ich auf dieser Fahrt nicht sterben werde. Inzwischen fahre ich einen eigenen Jeep und lebe immer noch.

Weitere Zeichen stellten sich im Lauf der vergangenen Monate ein: Ich hatte einige Lauferei, meine Arbeits- und Bleibegenehmigung zu erhalten. Dominica nimmt mich buchstäblich auseinander und ich lasse es aus einem mir unbekannten Grund - wohl durch meinen inneren Kompass - geschehen. Längst hätte ich ein einfacheres Leben wählen können. Z.B. in Mexico, wo sich viele meiner Freunde aufhalten und weniger Mühe haben als ich hier in einem Dritte-Welt-Land.

Doch etwas hält mich auf "meiner Insel". Eine feste Größe, von der ich immer dachte, dass es das Meer sei. Doch es erscheint mir noch viel mehr zu sein als das. Das Meer ist natürlich ein Muss für mein Zuhause. Doch es scheint, dass diese widerspenstige Insel mich hält, weil sie zu mir passt. Sie ist genauso dickköpfig, wie ich auch. Wie die Leute hier auch sind. Dominica fordert mich heraus und ich finde Mittel und Wege, diesen Hürden zu begegnen. Jeder sagt, wie schwer es hier ist. Doch andere Einwanderer haben auch ihren Platz hier gefunden. Mein Herz ist schwer in der Zwischenzeit und doch will ich Dominica auch in der nächsten Saison ihre Chance geben bzw. mir selbst auf ihr. Denn mir wird gesagt, dass es im zweiten Jahr leichter wird. Ich habe viel investiert in sie und bleibe daher auch auf meiner Spur hier. Was mein Herz auch weiterhin schwer macht, ist der Tot meines Katerbegleiters. Der kleine Marvin kam zu mir im November und gab mir viel Freude und ließ mich viel lachen. Er erfüllte mich mit dem Gefühl von Zuhause.

Doch nun ist er tot. Überfahren von einem ignoranten Autofahrer. Marvin begleitete mich nur für 3 Monate und war nicht einmal 5 Monate jung. Sein plötzlicher unerwarteter Tod brach mir das Herz und macht es seit letztem Dienstag schwer. Er war, wie ein Kind für mich, ein naher Freund, eine ähnliche Seele. Ich konnte ihn nicht schützen vor diesem Fahrer und hätte ihn nachts drinbehalten müssen. Doch er liebte seine Freiheit draußen zunehmend. Er war mir ähnlich und hatte sogar meine Augenfarbe. Er war sehr frech, verspielt, kämpferisch, voller Energie und Herzensfreude sowie voller Kraft und innerer Stärke und sehr widerspenstig. Ein großartiges Tier und die liebenswerteste Katzenseele überhaupt. Auch ihn darf ich loslassen lernen und hoffen, dass er mich in einem anderen Katzenkörper wieder findet.

Was kommt als nächstes, was ich loslassen soll? Nun, der tägliche Fluss wird es zeigen. Es ist wohl der beste Platz, um unabhängig leben zu lernen. Denn auch wenn alles zusammenbricht, wir haben hier immer Wasser und Nahrung direkt aus der Natur, die jeden von uns gut leben lässt. Auch wenn jemand alles verliert, kann er hier überleben.

Du kannst es so hinnehmen oder seinlassen. Jeder hat die Wahl. Ich lasse also auch das heimisch ökonomische Denken über Finanzenabsicherung, Preisvergleiche und beste Angebote los und schaue einfach, dass ich langfristig die richtige Wahl treffe, bzw. lasse eine innere Stimme mein Tun leiten. Dennoch mache ich diesen Deal trotzdem nicht, sondern lasse einen einheimischen Rückkehrer das Auto aus dem Zoll holen - wodurch wir locker 4000 US sparen....;-).

Dominica, Du bist ein schönes Miststück! Nein, die Menschen sind es mehr, als die Insel. Doch aus interkulturellen Studien wissen wir, dass Natur und Kultur Hand in Hand gehen. Und es gibt so einige Miststücke auf der Insel.... Trotzdem bleibt es schön hier!

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